Olympia: Sport als Mittel zum Zweck

Eiskunstlauf-Paar Ryom Tae-ok und Kim Ju-sik.
Eiskunstlauf-Paar Ryom Tae-ok und Kim Ju-sik.(c) REUTERS (Michael Dalder)
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Nordkorea will Athleten zu den Winterspielen nach Pyeongchang schicken. Aber welche? Einziges Aushängeschild des Regimes wird wohl Eiskunstlauf-Paar Ryom Tae-ok/Kim Ju-sik bleiben.

Wien. Nachdem Nordkorea angekündigt hatte, eine Delegation samt Athleten zu den Winterspielen nach Pyeongchang zu entsenden, bleibt die Frage: Welche Sportler sollen das Regime in Südkorea überhaupt vertreten?

Den ersten und bisher einzigen nationalen Quotenplatz Nordkoreas hat sich das Eiskunstlauf-Paar Ryom Tae-ok und Kim Ju-sik gesichert. Vor vier Monaten landete das Duo bei der Nebelhorn Trophy in Oberstdorf auf Rang sechs, damit dürfen Ryom, 18, und Kim, 25, wohl auch am 14. Februar in der Gangneung-Eishalle ihr Kurzprogramm und tags darauf ihre Kür präsentieren.

Ursprünglich hätte es 20 Startplätze plus eine Wildcard für das nicht qualifizierte Paar der Gastgebernation Südkorea geben sollen. Das Internationalen Olympischen Komitee signalisierte mittlerweile, das Feld offenzuhalten. Es stehen nun 22 Startplätze im Raum, obwohl Nordkorea die Meldefrist für Ryom und Kim verstreichen ließ und ein japanisches Paar nachgerückt ist. Damit gäbe es bei den Spielen sechs Startgruppen, eine mehr als sonst üblich. Ryom und Kim trainieren indes seit Monaten im Verborgenen. Ende Jänner sind sie allerdings für die internationale Meisterschaft Four Continents der Erdteile Amerika, Asien, Afrika und Australien in Taipeh gemeldet.

Weitere Wintersportler auf Weltklasse-Niveau hat Nordkorea keine aufzubieten. Die bisher letzte Medaille des Landes bei Winterspielen holte Hwang Ok-sil 1992 in Albertville, die damals 19-jährige Shorttrackerin lief über 500 m zu Bronze. Es war Nordkoreas zweite Medaille überhaupt bei Winterspielen, Han Pil-hwa, die Tochter eines berühmten Ringers, gewann 1964 in Innsbruck Eisschnelllauf-Silber über 3000 m. Derzeit laufen mit Un Hyok Kim, 15, und Un Song Choe, 25, immerhin zwei Nordkoreaner im Shorttrack-Weltcup, ihre besten Saisonplatzierungen: Platz 26 bzw. 43.


Für die Winterspielen 2014 in Sotschi hatte sich kein Nordkoreaner qualifiziert. Doch Diktator Kim Jong-un – seine Frau war 2005 bei der Leichtathletik-Asienmeisterschaft in Südkorea Cheerleaderin – hat mittlerweile 190 Kilometer östlich der Hauptstadt Pjöngjang das Skigebiet Masik-Ryong aus dem Boden stampfen lassen, inklusive gebrauchter Seilbahn aus Ischgl. Irgendwann soll der Internationale Skiverband dort Rennen austragen.

Die Ehre des Vaterlandes

Bei Sommerspielen ist die Ausbeute des 24-Millionen–Einwohner-Landes eine ganz andere. 35 Athleten wurden 2016 nach Rio geschickt, ihr Auftrag: fünf Goldmedaillen. Am Ende wurden es zwei, mit insgesamt sieben Mal Edelmetall belegten die Delegation im Medaillenspiegel Rang 34. Die beiden Olympiasieger Rim Jong-sim (Gewichtheben) und Ri Se-gwang (Turnen) triumphierten dabei ohne nennenswerte Gefühlsregungen. Der Druck, der auf den nordkoreanischen Sportlern lastete, war ihnen anzusehen, die Wortmeldungen bei allen dieselben: Voller Freude seien sie, weil sie dem Führer diesen Sieg schenken konnten, stolz, weil sie die Ehre des Vaterlandes verteidigt hätten.

Auch Sportarten, die der Verteidigung des Landes dienen könnten, sind in Nordkorea hoch im Kurs: Schießen, Ringen, Boxen. Und wie bei der Schutzmacht China Tischtennis: Pak Sin Hyok liegt auf Platz 88 der Weltrangliste, Kim Song-i bei den Damen auf Platz 50.

Lange war der Frauenfußball Nordkoreas Aushängeschild. Dann kam es bei der WM 2011 in Deutschland zum Dopingskandal, nach fünf positiven Tests (anabole Steroide) wurden die Nordkoreanerinnen für die Endrunde 2015 gesperrt. 2017 fielen sie auf Platz elf der Fifa-Weltrangliste zurück. Die Männer liegen auf Platz 126, ihr bisher letzter bedeutender internationaler Auftritt war die WM 2010 in Südafrika, Nordkorea kassierte gegen Portugal ein 0:7 und schied mit dem schlechtesten Torverhältnis aller Teams aus. Derzeit aber soll in der Bevölkerung Basketball sehr beliebt sein, der Traditionssport des Erzfeindes USA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2018)

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