Hirscher: Wieder zurück in neuen Sphären

Marcel Hirscher thront ganz oben, die alte Rangordnung, sie wurde wiederhergestellt.
Marcel Hirscher thront ganz oben, die alte Rangordnung, sie wurde wiederhergestellt.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die Skiwelt bewegt sich wieder in den gewohnten Bahnen: Marcel Hirscher feiert in Saalbach einen rumpeligen Heimsieg und ist nun die alleinige Nummer eins des „skiverrückten“ Österreich.

Saalbach-Hinterglemm. Für einen Rennläufer sei er in der Tat ein sehr guter Buckelpistenfahrer, hat Marcel Hirscher einmal zur „Presse“ gemeint. In Saalbach-Hinterglemm trat er nun den Beweis an: Hirscher meisterte die Löcher, Spuren und Rinnen im letzten Steilhang am Zwölferkogel im Stile eines „mogul skiers“ und rettete so den Slalomsieg auf der immer schlechter gewordenen Piste noch irgendwie ins Ziel.

Mit der Menschwerdung des Weltcupdominators ist es damit auch schon wieder vorbei. Einen Tag nach dem enttäuschenden sechsten Platz beim Riesentorlauf schlug Hirscher an Ort und Stelle zurück. Unter den rund 10.000 Augenzeugen im ausverkauften Saalbacher Zielstadion und an der Strecke: Annemarie Moser-Pröll, deren österreichische Bestmarke von 62 Weltcupsiegen nun endgültig von Hirscher und seinem 63. Streich übertroffen wurde (Beaver Creek wird offiziell noch Stefan Luitz zugerechnet, der Deutsche dürfte aber disqualifiziert werden, Hirscher also den 64. Sieg erben).

„Du kannst so etwas nicht planen, es passiert einfach“, erklärte der 29-Jährige. „Das in Österreich zu erreichen ist etwas Besonderes. Wir sind verrückt, was Skifahren angeht, wir haben so viele gute Skifahrer. Ich will nicht sagen, das ist mehr wert als sieben Gesamtweltcupsiege, aber nahe dran.“

Was seinen ersten Erfolg im Salzburger Land angeht, seien die Funksprüche von der ramponierten Strecke „rennentscheidend“ gewesen. „Eine Teamleistung“, meinte Hirscher. „Der untere Teil war sehr am Limit. Es geht eben nicht, dass jeden Tag alles perfekt ist.“ Zum Vergleich: Trotz aller Buckelpistenartistik hat der Halbzeitführende im zweiten Durchgang 3,36 Sekunden auf die Laufbestzeit des Slowenen Štefan Hadalin eingebüßt. Der drittplatzierte Henrik Kristoffersen mutmaßte, dass ihm die milden Temperaturen den vielleicht schwierigsten Slalom beschert haben, den er je im Weltcup gefahren ist.

Feller, der „Bär im Zoo“

Erwähnenswert auch die ÖSV-Mannschaftsleistung: Drei Österreicher landeten in den Top fünf, Lokalmatador Manuel Feller verbesserte sich im zweiten Lauf von Platz 17 auf Rang vier und meinte zum am Ende versöhnlichen Heimauftritt: „Natürlich super, wenn so viele Fans da sind. Aber du musst die Konzentration bewahren. Auch im Hotel fühlt man sich ein wenig wie ein Bär im Zoo. Aber das ist keine Ausrede.“

Nach vier Rennen in fünf Tagen sollte die Kraft von Hirscher, Feller und Co. auch noch für einen weiteren Auftritt reichen. Schon am Samstag folgt der Slalom in Madonna di Campiglio (15.45/ 18.45 Uhr, live ORF eins), Hirscher ist Titelverteidiger. „Aber ich bin froh, wenn ich unter dem Weihnachtsbaum sitze.“

„Alle Neune“, wie beim Kegeln

Heute vor 20 Jahren wurde 150 Kilometer weiter westlich von Saalbach ebenfalls rot-weiß-rote Skigeschichte geschrieben. Hermann Maier gewann am 21. Dezember 1998 standesgemäß den Super-G am Patscherkofel, direkt hinter ihm klassierten sich acht weitere ÖSV-Athleten: Christian Mayer, Fritz Strobl, Stephan Eberharter, Rainer Salzgeber, Hans Knauß, Patrick Wirth, Andreas Schifferer und Werner Franz.

Legendär sind die Anekdoten vom historischen Neunfachsieg, damals als Weihnachtsgeschenk an die Skination zelebriert. Wie Trainer Hans Pum seine Truppe motivierte (die Konkurrenz sei mit dem Kopf längst beim Christbaum), wie sauer Eberharter war, weil drei Österreicher schneller waren als er selbst, und wie Strobl erst mit Startnummer 45 aufs Stockerl fuhr und deswegen auf dem Siegerfoto fehlte. Bemerkenswert auch: Maier siegte mit dem Respektabstand von 0,76 Sekunden, die Plätze zwei und neun trennten aber nur 20 Hundertstel.


Slalom Saalbach-Hinterglemm

1. Marcel Hirscher (AUT) 1:54,98 Min.

2. Loïc Meillard (SUI) +0,38 Sek.

3. Henrik Kristoffersen (NOR) +0,47 Sek.

4. Manuel Feller (AUT) +0,66, 5. Michael Matt (AUT) +0,78, Daniel Yule (SUI) +0,78, 7. Clément Noël (FRA) +0,79, 8. Štefan Hadalin (SLO) +1,00, 9. Marco Schwarz (AUT) +1,02, 10. Ramon Zenhäusern (SUI) +1,08. Weiters: 19. Christian Hirschbühl +1,94, 22. Marc Digruber +2,37, 27. Felix Neureuther (GER) +4,01.

Slalom-Weltcup (nach 2 Rennen): 1. Hirscher 200, 2. Kristoffersen 140, 3. Meillard 98.

Gesamtweltcup (nach 13 Rennen): 1. Hirscher 620, 2. Kristoffersen 352, 3. Max Franz (AUT) 341.

SKI-WM 2025

Saalbach-Hinterglemm wagt einen neuen Anlauf und bewirbt sich für die alpine Ski-WM 2025. Die Vergabe erfolgt 2020 beim Kongress des Internationalen Skiverbands (FIS) in Marrakesch. Bereits bekannt als Mitbewerber ist das Schweizer Crans-Montana. Saalbach war bei der Abstimmung über die WM 2023 Courchevel-Meribel unterlegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2018)

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