Ski: Schwünge unter dem Sternenbanner

Pyeongchang 2018 Winter Olympics
Pyeongchang 2018 Winter Olympics(c) REUTERS (Kai Pfaffenbach)
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Mikaela Shiffrin überdeckt viele Problemzonen im US-Skiteam, doch vom Glanz früherer Zeiten ist wenig übrig. Nun greift zumindest Lindsey Vonn wieder ins Weltcupgeschehen ein.

Flachau/Wien. Die One-Woman-Show im Skiweltcup wird nach dem Slalom in Flachau eine Pause einlegen, und Mikaela Shiffrin wird nicht unglücklich darüber sein. Alle Augen sind derzeit auf die 23-jährige Seriensiegerin aus den USA gerichtet, in den nächsten Wochen aber wird es wohl Landsfrau Lindsey Vonn sein, die den vordersten Platz im Blitzlichtgewitter einnimmt.

Die 34-Jährige könnte nicht glücklicher darüber sein, schließlich gibt sie in St. Anton ihr Comeback auf der Weltcupbühne, die Rennen auf der Karl-Schranz-Piste (Abfahrt am Samstag, Super-G am Sonntag) sind zugleich ihre ersten in diesem Winter. Vorausgesetzt, sie finden überhaupt statt, auch die Rennstrecke am Kapall versinkt im Schnee, das für Donnerstag geplante Abfahrtstraining ist bereits abgesagt worden.

Dennoch könnte der Zeitpunkt für Vonns Comeback besser nicht sein. Sechs Wochen hatte sie nach einer Bänderverletzung im Knie, zugezogen am 19. November beim Training in Colorado, pausieren müssen und in der Zwischenzeit die Social-Media-Welt an ihrem Aufbautraining und ihrer Beziehung mit NHL-Star P. K. Subban (Nashville Predators) teilhaben lassen. Nun warten gleich drei Wochenenden mit Speedevents in Folge (St. Anton, Cortina und Garmisch), mit Sofia Goggia fehlt auch noch die zuletzt beste Abfahrerin verletzungsbedingt. Alles ist also angerichtet für Vonn, um jene vier Weltcupsiege zu holen, die ihr noch auf das erklärte Karriereziel, die Bestmarke von Ingemar Stenmark aus den 1980er-Jahren, fehlen. Der Schwede brachte es auf 86 Weltcupsiege.

US-Skiteam vor Neuaufbau

Mit Vonns Rückkehr wird die Nordamerika-Fraktion im Skiweltcup zumindest wieder aus zwei Siegläuferinnen bestehen. Denn abgesehen von den beiden Ausnahmeathletinnen Vonn und Shiffrin ist vom Glanz des US-Skiteams wenig übrig. Die Damenmannschaft muss aktuell mit Breezy Johnson (22, Kreuzbandriss) und Jacqueline Wiles (26, Wadenbeinbruch, Bruch des Schienbeinkopfes) auf zwei vielversprechende Speedläuferinnen verzichten, auch Alice McKennis, 29, die 2013 in St. Anton ihren bisher einzigen Weltcupsieg feierte, ist verletzt (Schien- und Wadenbein). Während die ohnehin verletzungsgeplagte Slalomspezialistin Resi Stiegler, 33, ebenfalls pausiert (Knie), haben Olympiasiegerin Julia Mancuso, 34, und Stacey Cook, 34, ihre Karrieren beendet. Und weil Laurenne Ross, 30, ihrer Form hinterherfährt, bleibt Shiffrin die einzige US-Läuferin, die in diesem Winter bisher in die Top Ten gefahren ist.

Bei den Herren sieht es ein wenig besser aus. Zwar sind die Zeiten, als Bode Miller, Daron Rahlves, Ted Ligety und Andrew Weibrecht um Kristallkugeln, WM- und Olympiamedaillen kämpften, längst vorbei. Die alte Speedgarde um Steven Nyman, 36, und Travis Ganong, 30, ist aber immer noch für Überraschungen gut. Dazu gesellt sich mit Bryce Bennet, 26, ein aussichtsreicher Kalifornier, dem mit zuletzt zwei vierten Plätzen der Durchbruch gelungen ist. Im US-Lieblingsort Gröden belegte dieses Abfahrtstrio die Plätze vier bis sechs. Altstar Ligety, 34, aber enttäuschte und brachte erst ein Top-Ten-Resultat in diesem Winter zustande. Im Riesentorlauf ist aktuell Tommy Ford, 29, die Nummer eins der USA.

So kommt es, dass das US-Skiteam im Nationencup der laufenden Saison nur noch auf Platz sechs zu finden ist, der bestklassierte Mann im Gesamtweltcup ist Bryce Bennet als 29.

Ein Umbruch steht bevor. Nicht zuletzt auch, weil der Tiroler Patrick Riml im Vorjahr seine Funktion als US-Alpindirektor zurückgelegt hat. Nach den für das Männerteam enttäuschenden Winterspielen 2018 hatte Riml noch einen Neuaufbau in Richtung Peking 2022 vorgeschlagen. Dass Potenzial vorhanden ist, zeigen die Weltcuprennen der Damen an der US-Ostküste, wo an einem Tag bis zu 20.000 Zuschauer nach Killington, Vermont, pilgern. Mit Ausnahme der jungen Kalifornierin AJ Hurt, 18, die bei den jüngsten US-Meisterschaften zwei Titel eingefahren hat, tauchen in den FIS-Listen aber kaum vielversprechende US-Talente auf.

US-Duell

Bis auf Weiteres liegt es an Shiffrin und Vonn, die US-Flagge im Skiweltcup hochzuhalten. Während Shiffrin unaufhaltbar scheint, zeichnet sich bei Vonn ein baldiges Karriereende ab. Nur um Stenmarks Bestmarke zu übertreffen, hat sie noch bis Lake Louise im November 2019 verlängert.

Ein Duell Vonn gegen Shiffrin – die Technikspezialistin hat inzwischen auch Weltcupsiege in Abfahrt und Super-G gefeiert – wird es in St. Anton definitiv noch keines geben. Shiffrin verzichtet auf die Rennen am Arlberg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2019)

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