Nicole Schmidhofer: Der Lernprozess einer Weltmeisterin

Laut, schnell, quirlig: Nicole Schmidhofer setzt sich gekonnt in Szene.
Laut, schnell, quirlig: Nicole Schmidhofer setzt sich gekonnt in Szene.(c) APA/AFP/CHRISTOF STACHE
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Bei der Ski-WM 2017 gelang Nicole Schmidhofer als Außenseiterin der Gold-Coup. Am Dienstag startet die Steirerin, 29, als Mitfavoritin.

Mit der Frage nach der Titelverteidigung bei der Ski-WM in Åre hat sich Nicole Schmidhofer erst anfreunden müssen. „Am Anfang habe ich das Wort, so wie 2017 den Begriff Weltmeisterin, fast nicht herausgebracht. Jetzt gehört es für mich dazu, ist es nicht mehr hemmend“, sagt die Steirerin. Am Dienstag (12.30 Uhr, live ORF eins) möchte sie im Super-G in Åre jedenfalls die goldene Antwort darauf geben.

Selbstvertrauen hat die 29-Jährige aus einer starken Saison geschöpft: Nach 128 Rennen gelang ihr vergangenen Dezember in Lake Louise der Premierensieg im Weltcup. Dem Abfahrtsdouble in Kanada folgte bei der WM-Generalprobe im Jänner in Garmisch der erste Erfolg im Super-G. „Ich fühle mich locker und überhaupt nicht nervös. Ich weiß, was ich kann“, betont Schmidhofer, die mit den Speedkolleginnen seit Mittwoch der Eiseskälte in Schweden trotzt.

Die goldene Überforderung

Die Wetterprognose verspricht für Dienstag mildere Witterung, zur Sicherheit aber liegen die zweite Skiunterwäsche, Fettcreme und Skimaske bereit. „Bis minus zehn Grad ist es aber aushaltbar.“

Die Ausgangssituation ist für Schmidhofer eine ganz andere als noch vor zwei Jahren. Damals die große Außenseiterin, geht sie nun als eine der Favoritinnen neben US-Star Mikaela Shiffrin ins Rennen. Immerhin, die Rolle als Titelverteidigerin hat ihr den internen Qualifikationsdruck erspart. Mit den Erfolgen – auch der Teamkolleginnen – sind Aufmerksamkeit und Erwartungen gewachsen. Davon lässt sie sich inzwischen nicht mehr aus der Ruhe bringen. „Ich konzentriere mich ganz auf das Skifahren und die Rennen.“

Die Fahrt des „Schmidzwerges“

Diese Lockerheit hat sich der „Schmidzwerg“, wie sich die 1,57 Meter große Athletin in den sozialen Netzwerken selbst nennt, hart erarbeitet. Als „große Lernphase“ beschreibt sie die Zeit nach dem WM-Sieg im Rückblick, denn der Triumph 2017 in St. Moritz hat sie regelrecht ins Rampenlicht katapultiert. Sie, die als Doppel-Juniorenweltmeisterin einst den Durchbruch im ÖSV nicht geschafft und sich nach dem Kader-Rauswurf und Verletzungspech zwischenzeitlich auf eigene Kosten zurück gekämpft hatte, avancierte quasi über Nacht als unbekümmerte Frohnatur mit flotten Sprüchen zum Publikumsliebling. „Ich war im ersten Moment maßlos überfordert“, gesteht sie heute, dass sie all das mit Scherzen und Lustigkeit überspielt habe. Nach einem Sommer mit zu vielen Terminen und zu wenig Regenerationszeit präsentierte ihr Körper in der Saison 2017/18 die Rechnung. Die Olympischen Spiele wurden für die Weltmeisterin jenseits der Top Ten zur großen Enttäuschung.

Als wichtigste Lehre daraus ist Schmidhofer im vergangenen Sommer bewusst leiser getreten. Sie habe gelernt, „Nein“ zu sagen, erzählt sie. Ein weiteres Stück im Erfolgspuzzle ist das neue Paar Skischuhe, mit dem sie in Lake Louise auf Anhieb zum Sieg gefahren ist. Und das vielleicht größte ist die Zusammenarbeit mit Mentalist Manuel Horvath. Mit seinen Gedankentricks fasziniert der Saalfeldner in Live- und TV-Shows und betreut auch Spitzensportler, neben Schmidhofer hört ihm auch Frankfurt-Trainer Adi Hütter zu. „Ich glaube, dass ich ihn manchmal vor große Herausforderungen stelle“, scherzt die Skifahrerin, die den Blick von jemandem fern der Skibranche schätze. Details dazu wollte sie aber nicht verraten.

Mit bald 30 Jahren ist Schmidhofer die älteste ÖSV-Dame im Aufgebot, fühlt sich gereift und bereit für den nächsten Coup. Freunde vom Fanclub aus der Heimatgemeinde Oberwölz sind samt Harmonika und Teufelsgeige nach Schweden gereist, nur die Familie wird fehlen. Es sind Semesterferien, im Lokal der Talstation Lachtal herrscht Hochsaison. Für eine Siegesfeier wäre alles angerichtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2019)

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