Erste Klage gegen Facebook wegen Datenaffäre

(c) AFP (DANIEL LEAL-OLIVAS)
  • Drucken

US-Investoren werfen dem Unternehmen vor, sie über den Datenschutz ihrer Nutzer in die Irre geführt zu haben. Nach der Datenanalysefirma Cambridge Analytica droht nun auch Facebook eine Ermittlung.

In der Datenaffäre um Facebook haben US-Investoren eine erste Klage gegen den Internet-Konzern eingereicht. Die Aktionäre machten am Dienstag bei einem Bundesgericht in San Francisco geltend, dass die Konzernführung sie über die Fähigkeiten in die Irre geführt habe, die Daten der Nutzer zu schützen. Der Zeitung "Los Angeles Times" zufolge wird Facebook zudem vorgeworfen, die eigenen Datenschutzvorschriften verletzt zu haben. Auch an den Börsen wirkte sich die Affäre aus: Das Unternehmen verlor an der Börse seit Montag zeitweise bis zu 50 Milliarden Dollar (40,62 Mrd. Euro) an Unternehmenswert.

Im Mittelpunkt der Affäre steht die Datenanalysefirma Cambridge Analytica. Ihre Datenauswertung soll Donald Trump zum Sieg bei der US-Präsidentenwahl 2016 verholfen haben. Das Unternehmen könnte dafür Facebook-Daten von bis zu 50 Millionen Menschen missbraucht haben.

Facebook selbst reagierte auf den Skandal mit Bedauern. Firmenchef Mark Zuckerberg und alle Verantwortlichen seien sich des Ernsts der Lage bewusst, heißt es in einer am Dienstag verbreiteten Mitteilung von Facebook. "Das gesamte Unternehmen ist entsetzt darüber, dass wir hintergangen wurden", heißt es weiter. Facebook werde alles tun, um seine Richtlinien durchzusetzen und die Informationen der Nutzer zu schützen.

Cambridge-Analytica-Chef Nix suspendiert

Doch auch Facebook steht nun im Visier der Ermittler: Die US-Verbraucherschutzbehörde Federal Trade Commission (FTC) leitete nach Informationen der "Washington Post" eine offizielle Untersuchung gegen Facebook ein. Das Unternehmen könnte demnach gegen eine Einigung mit der Behörde zum Schutz der Nutzer aus dem Jahr 2011 verstoßen haben. Sollten die Ermittlungen dies bestätigen, würde Facebook eine empfindliche Strafe drohen.

Cambridge Analytica war am Dienstag weiter unter Druck geraten, nachdem herauskam, dass Nix vor versteckter Kamera mit Erpressungsversuchen von Wahlkandidaten geprahlt hatte. Nix wurde daraufhin mit sofortiger Wirkung suspendiert. Ein Reporter des britischen Senders Channel 4 hatte sich für den Vertreter eines potenziellen reichen Kunden ausgegeben, der für den Erfolg mehrerer Kandidaten bei einer Wahl in Sri Lanka sorgen wolle.

Der Undercover-Reporter von Channel 4 hatte sich mit Nix und anderen Top-Managern von November 2017 bis Jänner 2018 mehrfach in Londoner Hotels getroffen. An einer Stelle antwortete Nix dem Channel-4-Bericht zufolge auf die Frage nach der Möglichkeit, negative Informationen über politische Gegner zu beschaffen, seine Firma könne "Mädchen zum Haus des Kandidaten schicken". Ukrainerinnen seien "sehr schön, ich finde, das funktioniert sehr gut". Eine weitere Vorgehensweise sei, einem Kandidaten viel Geld für seinen Wahlkampf anzubieten, zum Beispiel mit Land als Gegenleistung - und das ganze auf Video aufzunehmen und später zu veröffentlichen.

Facebook-Chef soll sich Anhörung stellen

Nix behauptete in dem Gespräch auch, eine entscheidende Rolle im Wahlkampf des damaligen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump gespielt zu haben. Er habe Trump mehrmals getroffen. Für die gesamte Datenerhebung und Datenanalyse von Trumps Wahlkampf wie auch die Zielgruppenansprache sei seine Firma verantwortlich gewesen. "Wir haben die gesamte digitale Kampagne geleitet", sagte Nix. Die Daten von Cambridge Analytica seien die Grundlage der Wahlkampfstrategie gewesen, sagte Nix einem Undercover-Journalisten in einem Londoner Hotel.

Die britische Datenschutzbehörde beantragte einen Durchsuchungsbefehl für die Londoner Zentrale von Cambridge Analytica. Die Firma habe innerhalb einer gesetzten Frist nicht auf eine Anfrage reagiert, so dass die Behörde nun gerichtlich versuche, auf den Systemen der Beratungsfirma Beweise zu sichern, wie das Information Commissioner's Office (ICO) britischen Medien zufolge mitteilte. Der Vorsitzende des britischen Parlamentsausschusses für Digitales und Medien, Damian Collins, forderte Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf, sich Fragen von Abgeordneten zu stellen.

Personelle Veränderungen bei Facebook möglich

Das Unternehmen war am Wochenende von Facebook ausgesperrt worden. Cambridge Analytica habe unrechtmäßig erhaltene Nutzerdaten entgegen früheren Zusicherungen nicht gelöscht, erklärte das Online-Netzwerk zur Begründung. Nach Informationen der "New York Times" und des "Guardian" sollen einige Informationen von rund 50 Millionen Facebook-Mitgliedern zu Cambridge Analytica gelangt sein. Um sie zu sammeln, wurde eine Umfrage zu Persönlichkeitsmerkmalen aufgesetzt, die bei Facebook als wissenschaftliche Forschung angemeldet wurde. Die Daten gingen dann ohne Wissen der Nutzer an Cambridge Analytica.

Auch bei Facebook könnte es laut "New York Times" personelle Veränderungen geben. Die Zeitung berichtete, dass der in Fachkreisen angesehene Sicherheitschef Alex Stamos Facebook verlassen wolle. Er habe sich dafür eingesetzt, offener über die russische Einmischung in den US-Präsidentenwahlkampf 2016 zu informieren, sei aber von anderen Managern abgebügelt worden, so das Blatt. Stamos habe bereits im Sommer 2016 erste Untersuchungen eingeleitet und zum November klare Hinweise auf die Einmischung aus Russland gehabt. Die Firmenführung habe jedoch damit gezögert, die Informationen öffentlich zu machen. Erst nach Untersuchungen im US-Kongress räumte das Online-Netzwerk schrittweise ein, dass 150 Millionen Nutzer von Facebook und Instagram mit politischer Propaganda aus Russland in Berührung gekommen sein dürften.

(APA/Reuters/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tech

Russland hatte Zugriff auf Cambridge-Analytica-Daten

Russland hat in den US-Wahlkampf eingegriffen. Das bestätigte jetzt auch US-Präsident Donald Trump. Erstmals gibt es Beweise, dass die Verantwortlichen Zugriff auf die Daten der Datenanalyse-Firma hatten.
FBI und SEC wollen tiefer graben.
Tech

Untersuchung von Facebook-Datenskandal wird ausgeweitet

Die Börsenaufsicht SEC und FBI untersuchen den Cambridge-Analytica-Skandal. Der Schwerpunkt werde um Aktionen und Aussagen des Konzerns erweitert.
Facebook-Datenskandal

Cambridge Analytica wird geschlossen

Die Datenanalysefirma ist insolvent und wird "unverzüglich alle Tätigkeiten beenden". Das Geschäftsmodell sei nicht länger "rentabel". Sie war in die Schlagzeilen geraten, weil Daten von rund 87 Millionen Facebook-Nutzern abgeschöpft wurden.
Tech

Konkurs nach Datenskandal

Kundenschwund bei Cambridge Analytica.
Erste-Privatkunden-Vorstand Bosek.
Österreich

Die EU als Vorreiterin in Sachen Datenschutz?

Über den gläsernen Menschen, die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung und den jüngsten Facebook-Skandal wurde an der WU eifrig diskutiert. Erste-Vorstand Peter Bosek empfindet „Regulatorik erstmals als positiv“.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.