Kinox.to und die Justiz: Ein Kampf gegen Windmühlen

(c) Screenshot
  • Drucken

"Sagt Tschuess zum freien Internet", prangt auf der Webseite von kinox.to - samt Hinweis, wie die Vodafone-Sperre umgangen werden kann. Und User nehmen die Tipps gerne an.

Kinox.to ist eine der beliebtesten Webseiten Deutschlands. Trotz Netflix, Amazon, Maxdome und anderen legalen Anbietern. Viele Nutzer sind bereit für Filme zu zahlen, aber nicht darauf zu warten. Spätere Filmstarts, oder gar ein eingeschränktes Angebot lassen jeden zweiten Nutzer auf illegale Webseiten umschwenken. Und trotz zahlreicher Sperren und Gerichtsverfahren ist Kinox.to weiterhin die beliebteste Anlaufstelle im Netz.

"Liebe User: Dank Constantin Film haben wir in Deutschland bald Internet Zensur wie in China oder Nord Korea. Sagt Tschuess zum freien Internet! Wir haben dennoch knapp 280~ Ersatzdomains gesichert", schreiben die unbekannten Betreiber auf der Startseite.

»"Liebe User: Dank Constantin Film haben wir in Deutschland bald Internet Zensur wie in China oder Nord Korea. Sagt Tschuess zum freien Internet!«

Seit nunmehr sieben Jahren arbeitet die Staatsanwaltschaft Dresden daran, die Köpfe des einstigen Hobbyprojekts kino.to zu finden. Es gab Festnahmen, Durchsuchungen, Verfahren und Haftstrafen. 2011 dann der große Coup: Betreiber Dirk B. konnte festgenommen und die Seite offline genommen werden. Nur vier Wochen später tauchte das Portal unter der Adresse kinox.to auf. Kaum wird eine Domain gesperrt, taucht sie in leicht abgeänderter Form wieder auf.

Eine Sperre ist nur dann erfolgreich, wenn sie über die Provider erfolgt. Eine Domain-Sperre lässt sich mit genügend Domain-Alternativen leicht umgehen. Und die Kinox.to-Betreiber haben laut eigenen Angaben noch knapp 280 in petto. Bereits 2011 wurde der Internetanbieter UPC dazu verdonnert, den Zugang zur Plattform zu sperren. Mit Erfolg.

Kürzlich erging in München ein Urteil zu Gunsten des Filmverleihers Constantin Film aus. Demnach muss der deutsche Provider Vodafone eine sogenannte DNS-Umleitung deaktiviert lassen. Nach Aufruf der Webseite werden Nutzer, die über einen Vodafone-Router zugreifen wollen, auf eine Sperrseite weitergeleitet. Das Oberlandesgericht München vertritt die Auffassung, dass das Angebot von kinox.to mehrheitlich illegal ist.

Das widerspricht der Auffassung des EuGH aus 2014. Kinox.to hat sein Angebot von Download auf Streaming umgestellt. Daraus entstand die Streitfrage, ob ein Stream eine illegale Kopie sein könnte. Immerhin kommt es bei dieser Form auch zu einem Download. Aber nur im Arbeitsspeicher und mit Ablaufdatum. Dieser Ansicht folgte damals auch der EuGH. Im April 2017 dann die Trendwende. Die Nutzung eines offensichtlich rechtswidrigen Streams wurde für illegal erklärt.

Der Richter und sein Henker

In der Zwischenzeit versuchen die Provider die Sperren zu verhindern. Mit der Argumentation, dass durch die gerichtliche Anordnung die Netzneutralität verletzt werde. Anfang des Jahres hat T-Mobile Selbstanzeige bei der österreichischen Mobilfunkbehörde RTR eingereicht. Einerseits urteilte der Oberste Gerichtshof, dass eine Abmahnung der Rechteinhaber ausreiche, um Seiten zu sperren. Andererseits heißt es in der EU-Telecom-Single-Market-Regelung, dass eine Sperre nur nach einer richterlichen oder behördlichen Aufforderung zu erfolgen habe. Insgesamt haben sich vier weitere heimische Anbieter bei der RTR angezeigt. Unterstützt werden die Unternehmen vom Verband der Internetprovider: "Seit mehr als zwei Jahren versuchen wir schon mit den involvierten Interessensverbänden und dem zuständigen Ministerium eine Lösung zu finden, die einerseits die Rechte der Kunstschaffenden wahrt und auf der anderen Seite die Provider nicht in die Rolle eines Richters drängt."

Die rechtliche Unsicherheit und das "Neuland" beschäftigen Unternehmen und Staatsanwaltschaften. Währenddessen wird von den Internetnutzern weiterhin das Angebot der illegalen Streaming-Anbieter in Anspruch genommen. Einer Studie des Max-Planck-Instituts zufolge, konsumiert jeder zweite deutsche User illegale Inhalte im Netz. Gestützt wird diese Studie durch einen Bericht der Organisation MUSO.

Legales Streaming wächst und Illegales auch

In 169 Ländern durchforstet die Organisation das Netz auf Urheberrechtsverletzungen. Dem Bericht zufolge wurden illegale Streaming-Plattformen weltweit mehr als 106,9 Millionen Mal aufgerufen. Zumeist werden Serien gestreamt, gefolgt von Musik und Filmen.

Der Max-Planck-Studie zufolge, wissen aber viele Nutzer gar nicht, ob es sich um eine legale oder eine illegale Quelle handelt. Nur zehn Prozent geben an, dass sie glauben auch zum Teil auch schon einmal illegale Inhalte konsumiert zu haben. Indes wächst aber auch die Nutzung von legalen Inhalten. Kostenpflichtige Plattformen wie Amazon, Netflix, Apple iTunes und Google Play verzeichnen einen steten Wachstum.

>>> Max-Planck-Studie.

>>> MUSO-Bericht

(bagre)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.