Verhandlungsführer Voss fährt eine Niederlage mit geplanter Copyright-Richtlinie ein. Upload-Filter und Leistungsschutzrecht vorerst Geschichte. Erstmals in der Geschichte der EU folgt das Parlament nicht der Empfehlung des Rechtsausschusses.
Am heutigen Donnerstag hat das Europäische Parlament mit knapper Mehrheit die Position des Rechtsausschusses zum Urheberrecht abgelehnt und damit auch gegen das Leistungsschutzrecht und automatische Upload-Filter gestimmt. Vom Tisch ist die Copyright-Richtlinie nicht. Die Abstimmung, die heute mit 318 zu 278 (31 Enthaltungen) knapp ausgegangen ist, bedeutet, dass die Debatte neu eröffnet wird; inklusive Abänderungsanträgen und neuem Mandat. Julia Reda (Piratenpartei), große Gegnerin der geplanten Copyright-Richtlinie feiert die heutige Entscheidung und bedankt sich für die zahlreiche Unterstützung via Twitter: "Eure Proteste haben Wirkung gezeigt. Das Europaparlament hat die Copyright-Richtlinie zurück ans Zeichenbrett geschickt."
Die Copyright-Richtlinie hat in den vergangenen Wochen für kontroverse Diskussionen gesorgt. Die Debatte um Zensur im Internet hat ausgereicht, dass das Parlament erstmals in der Geschichte der EU nicht der Empfehlung des Rechtsausschusses folgt. "Automatische Filter und Kontrolle aller Uploads durch die großen Internetkonzerne bedeuten eine Totalkontrolle der online gestellten Inhalte. Das Internet wie wir es heute kennen, würde zu einer Zensurmaschine verkommen. Selbst die UNO warnt vor solchen Upload-Filtern", sagt SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament Evelyn Regner.
Debatte geht am 10. September in die nächste Runde
Die Debatte hat ihren nächsten Höhepunkt im September. Zwischen 10. und 13. September soll die Richtlinie erneut zur Abstimmung stehen. Bis dahin können die Abgeordneten Änderungsanträge ausarbeiten. Zugelassen werden dabei Korrekturwünsche, die der Rechtsausschuss stellt sowie Gruppen von mindestens 38 Abgeordneten einbringen. Es ist auch durchaus möglich, dass Änderungsvorschläge an das Gremium zurückverwiesen werden. Hier bewegt sich das Europaparlament auf ungewohntem Terrain und es gibt kein Protokoll für diesen Fall.
Upload-Filter
Klar ist aber, dass weiterhin Gegner sowie auch Befürworter aus den verschiedenen politischen Lagern versuchen werden, ihre Position durchzuboxen. In erster Linie muss jetzt auch geklärt werden, ob es einen neuen Verhandlungsführer geben wird, oder ob Axel Voss (CDU) seine Position behalten wird und dabei auch weiterhin Chancen darauf hat, das Mandat für die Verhandlungen zu bekommen, ist unklar. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas erklärte nach der Abstimmung: "Wir werden uns in den parlamentarischen Prozess zur Klärung der offenen Punkte einbringen." Erst kurz vor der Abstimmung erklärte der in Österreich zuständige Medienminister Gernot Blümel (ÖVP), dass man für die Copyright-Richtlinie stimmen werde. "Die österreichische Bundesregierung ist überzeugt, dass diese 'Copyright-Directive' ein wichtiger und wesentlicher Schritt für Europa ist", hieß es dazu in einer offiziellen Stellungnahme. Bei einem Upload-Filter handelt es sich um eine Software, die jegliche Inhalte, die auf einer Plattform wie zum Beispiel YouTube hochgeladen werden soll, filtert. Dabei gibt es verschiedene Kriterien, was durchgeht und was nicht. Eingesetzt werden dabei Bild-, Sprach- und Texterkennung. Ähnliche Filter kommen auch bei Facebook zum Einsatz, wenn es um explizite Inhalte (weibliche Brustwarzen) geht. Das hat zur Folge, dass auch berühmte Kunstwerke zensiert werden.
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments
Die Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments sieht vor, dass, wenn mindestens 10% der Abgeordneten (76) die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Rat auf der Grundlage des im Ausschuss verabschiedeten Textes ablehnen, eine Abstimmung im Plenum stattfindet. Bis zum Ablauf der Frist am Dienstag um Mitternacht hatte die erforderliche Anzahl von Abgeordneten Einspruch eingelegt.