Nikon stellt die Weichen auf Wechselobjektivkameras

(c) Nikon
  • Drucken

Nikon setzt nun in der Oberklasse auf spiegellose Wechselobjektivkameras. In einer Pressekonferenz in Tokio wurden die ersten beiden Modelle der neuen Z-Reihe vorgestellt - mit einem neuen Mount-System.

Es sind vorerst nur zwei Kameras, doch könnnten sie für den Kurs von Nikon - und damit wohl auch für die gesamten Branche - im Bereich der Vollformat-Kameras eine Weichenstellung darstellen. Es handelt sich bei den beiden Neulingen nämlich nicht um klasische Spiegelreflex-Modelle (DSLR), sondern um spiegellose Systemkameras.

(c) Nikon

Beide Z7 und Z6 getauften Modelle verfügen über einen Vollformat-Sensor, einmal mit 45,7, einmal mit 24,5 Megapixel. Die Lichtempfindlichkeit liegt bei 64 - 26.600 beziehungsweise 100 - 51.200 ISO. Die unterschiedliche Auflösung bedingt auch unterschiedliche Zahl an AF-Punkten (493 vs. 273) und eine unterschiedliche Serienbild-Geschwindigkeit (neun beziehungsweise zwölf Bilder/Sekunde).

Im Gegensatz zur kürzlich offiziell zu Grabe getragenen Nikon 1, die – wie viele Konkurrenten - auf das DSLR-Einsteigersegment abzielte, sind  Zielgruppen des neuen Systems Profis und ambitionierte Amateure – Nikon nennt explizit das aktuelle DSLR-Flaggschiff D850 als Maßstab. Wobei sich das neue „Hi-res“-Modell Z7mit 45,7 MP vor allem für Studio- und Magazinfotografen, der 24,5 MP-"Allrounder“ Z6 an sonstige Profis und vor allem auch anspruchsvolle Hobbyfotografen richtet.

(c) Nikon

>>> Hier geht's zum Vergleich zwischen Canon 5Ds vs. Nikon D810.

Die Profi-Tauglichkeit wird auch in der Video-Sektion groß geschrieben. Neben der üblichen 4K UHD-Auflösung sollen Feautures wie Timecode die neuen Kameras für kommerzielle Videoproduktionen attraktiv machen. Ein Bildstabilisator ist im Gehäuse integriert.
Dass die Gehäuse der vorgestellten Wechselobjektivkameras wetterfest, also Staub- und Spritzwassergeschützt, sind, ist für Profis wie Amateure ein nicht unwichtiges Feature. 

Neues Mount-System mit 55mm

(c) Nikon

Dass Nikon in das neue System große Erwartungen setzt, zeigt der Umstand, dass dafür ein eigenes Mount-System eingeführt wird – was wohl die eigentliche Sensation der in Japan groß zelebrierten Ankündigung ist. Das neue Objektiv-Mount hat mit 55 mm noch größere Öffnung als das alte F-Mount (49mm) und erlaubt laut Nikon theoretisch Lichtstärken bis zu 0,95 (statt bisher 1,4). Bauartbedingt sind bei spiegellosen Systemkameras auch geringere Auflagemaße möglich. Statt 4,5 Zentimeter sind es beim neuen System 1,6. Das bedeutet bei gleicher Leistung kleinere und leichtere Objektive.

Zu Beginn wird es drei Optiken geben: ein Standard 24 -70mm Zoom mit F:4 sowie zwei Festbrennweiten (35 und 50mm, F 1,8). Mit dem Z-Mount führt Nikon eine neue Objektivreihe mit der Bezeichnung S ein, die sich durch eine besondere Abbildungsqualität und eine spezielle Nanokristall-Bechichtung auszeichnen soll. Die drei neuen Linsen gehören alle zur S-Serie.
Weitere sollen folgen. Zudem können die DSLR-F-Objektive mittels Adapter (der ebenfalls zu Beginn verfügbar sein wird) weiter verwendet werden, und zwar (fast) ohne Einschränkungen. Allein Objektive mit von der Kamera angetriebenen Autofokus können mit dem neuen System nur mehr manuell fokussiert werden.

Systemkameras bringen noch Gewinne


Der Grund für diesen für Nikon recht revolutionären Schritt ist schlicht erklärt: Systemkameras sind das einzige Segment des Kameramarktes das noch eine positive Tendenz aufweist. Selbst der lange Zeit als stabil geltende DSLR-Markt schrumpft. Betrachtet man zudem, dass der Vollformat-Bereich derzeit noch zu 70 Prozent von DSLR dominiert wird, ortet Nikon in dem Segment für Wechselobjektivkameras ein großes Potenzial. Wobei man bei Nikon betont, dass die neue Wechselobjektivserie die DSLR nicht ersetzen, sondern parallel laufen soll – vorerst zumindest. Die langfristige Perspektive wird wohl durch die Marktentwicklung bestimmt.

Neben den möglichen zukünftigen Marktanteilen gibt Nikon für seine neue Liebe zu Systemkameras auch deren bereits länger bekannte Vorzüge an.
Neben den Vorteilen des neuen Mount-Systems können Systemkameras generell kleiner und leichter gebaut werden als vergleichbare DSLR. Wobei dies bei den neuen Modellen bewusst nicht ganz ausgereizt wurde, wie es heißt, sondern auf eine Balance zwischen Kompaktheit und Handling geachtet wurde. Überhaupt zeigt sich das Augenmerk auf „gestandene“ (Nikon-)Fotografen auch darin, dass Bedienelemente und -Logik den DSLR-Vorbildern folgen. „Wer schon mit einer Nikon-Spiegelreflexkamera fotografiert, wird keine Anleitung brauchen“, meint Thomaž Puh, Marketing Manager Nikon CEE. Ohne bewegliche Elemente sind Systemkameras potenziell auch schneller und leiser als Spiegelreflex-Pendants.

Neues System hat auch Nachteile

Natürlich räumt auch Nikon kleine Nachteile ein. Da ist zu allererst der Wegfall des optischen Suchers, der so manchem Fotografen abgehen wird. Nikon versucht bei den neuen Kameras, den Abschied durch einen elektronischen Sucher mit 3,6 Millionen Pixel verschmerzbar zu machen, der nicht nur volles Gesichtsfelsd verspricht, sondern dank asphärisch geschliffener Linsen auch Randverzerrungen und –unschärfen minimieren soll. Weiterer Punkt ist der je nach Nutzungsverhalten deutlich höhere Energieverbrauch im Foto-Modus (bei Video gibt es kaum Unterschiede). Auch wenn es noch keine Zahlen nach CIPA-Standard gibt, so schätzt Thomaž, dass mit Standardakku statt 2000 mit DSLR nur etwa 600 Bilder möglich sind- natürlich abhängig vom Nutzerverhalten.

(c) Nikon

Gespeichert wird übrigens auf XQD-Karte. Nikon verzichtet – zumindest bei den ersten Modellen – auf einen zweiten Slot. Allerdings ist der Einschub mit den neuen CF-Express-Karten kompatibel, die zwar etwas langsamer, aber voraussichtlich auch billiger als XQD-Karten sind.

Preise und Verfügbarkeit

Was die Verfügbarkeit angeht, soll das Hi-res-Modell Z7 bereits im September auf den Markt kommen, gemeinsam mit den drei genannten Objektiven und dem Adapter. Im November soll dann mit der Z6 das breitenwirksamere Allround-Modell folgen.Die Z7 soll rund 3700 Euro kosten, im Set mit dem Zoomobjektiv 4300 Euro. Gehäuse plus Adapter kosten 3850, ein Set mit Objektiv und Adapter schließlich 4450 Euro. Die Z6 ist jeweils 1400 Euro günstiger. Das Zoomobjektiv selbst kostet 1100 Euro, der Adapter 300 Euro. Die beiden Festbrennweiten 680 (50mm) bzw. 950 Euro (35mm).  Weitere Modelle, Objektive sowie diverses Zubehör (Griff...) sind geplant.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.