Tech-Riesen kämpfen um Vormacht bei Sprachassistenten - und Google "schummelt"

(c) Die Presse/Barbara Steinbrenner
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Der Markt smarter Assistenten wird von Amazons Alexa beherrscht. Noch, denn Google setzt alles daran, den jetzigen Marktführer vom Thron zu stoßen.

Alexa? Ok Google? Siri? Hi Bixby? So schallt es laut Bitkom regelmäßig aus mehr als 13 Millionen deutschen Haushalten. Nachdem Amazon vor vier Jahren seinen ersten Echo vorstellte, waren die Reaktionen verhalten. Mittlerweile sind die smarten Assistenten in den Privathaushalten angekommen. Musik abspielen, Wetteransage und die Fragen des Lebens, auf beinahe alles wissen Alexa, Siri und Google die Antworten. Dass der Trend definitiv angekommen ist und das nächste beherrschende Thema der Branche werden könnte, zeigt die diesjährige Internationale Funkausstellung (IFA). In Berlin sind Amazon und Google nicht mehr die einzigen Unternehmen, die ihre Hardware samt Assistenten anpreisen.

Von Bang und Olufsen bis zu Panasonic, sie alle haben mindesten ein Gerät mit integriertem Assistenten, meistens Amazon. So werden die weltweit bekanntesten Sprachassistenten zum Leben erweckt. Entsprechend aktiviert und vernetzt, geben sie auf Zuruf Auskunft über das Wetter, spielen Musik ab, schalten Lampen ein und aus oder kaufen ein. Sprachbefehle gelten in der Unterhaltungsbranche als das neue Non-Plus-Ultra.

Entsprechend viel Geld stecken die größten Technologiekonzerne Amazon, Google, Apple sowie Samsung Electronics in das Ringen um die Vorherrschaft in dem Wachstumsmarkt. Bisher macht der weltgrößte Onlinehändler Amazon das Rennen, er bringt dem Marktforschungsinstitut Canalys zufolge rund die Hälfte aller verkauften Sprachassistenten an den Kunden. Die Canalys-Analysten gehen davon aus, dass die Zahl der Sprachassistenten weltweit bis Ende des Jahres auf 100 Millionen steigt und sich damit im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Ende 2020 sollen in den Haushalten dann bereits 225 Millionen Assistenten stehen.

Deutsche Telekom will Assistenten auf den Markt bringen

Allerdings will nicht jeder den Großen das Spielfeld überlassen. So plant die Deutsche Telekom ebenfalls einen Assistenten, dessen Markteinführung sich allerdings verzögert. Start-ups wie Gigaaa, Snips und Sherpa haben Plattform-Lösungen für verschiedene Geräte im Angebot. Viele der Anbieter sind auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin, die den Trend zur Sprachsteuerung in den Mittelpunkt stellt. So kommt ein Bosch-Rasenmäher jetzt mit Alexa daher und kann per Befehl gestartet, gestoppt oder geparkt werden. Der dänische Spezialist Bang & Olufsen vertraut hingegen auf den Google Assistant bei seinen vernetzten Lautsprechern.

"Ich bin überzeugt, dass die IFA den Durchbruch für die Sprachsteuerung bringt", sagt Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratschef der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik (gfu), die die IFA ausrichtet. Christopher Meinecke, Leiter für Digitale Transformation beim Branchenverband Bitkom, nennt Zahlen: "Inzwischen nutzen ungefähr 13 Prozent aller Bundesbürger einen Sprachassistenten im Haushalt." Auch die qualitative Nutzung nehme zu und die Assistenten dienten häufig bereits als Schaltzentrale für das vernetzte Zuhause, das Smart Home. In solchen Haushalten kämen Sprachassistenten schon so häufig zum Einsatz wie die Fernbedienung. Die Verbindung von Sprachassistenten und Smart Home werde für weiteren Schub sorgen. Im Auto sind Alexa und Co inzwischen in der Oberklasse an Bord. Auf der IFA zeigt das deutsche Start-up German Autolab einen digitalen Assistenten, der an der Windschutzscheibe angebracht wird.

"Sprachsteuerung wird für Verbraucher in dem Moment interessant, wenn das Gerät nicht mehr nur Kommandos entgegennimmt, sondern mitdenkt. Wir haben so viel in unserem Leben zu tun, dass wir Hilfe wirklich gut gebrauchen können", sagt der Experte für Sprachassistenten, John Grotting, von der Innovations- und Designberatung Fjord. Gerade die Großen der Branche stecken viel Geld in die Verbesserung der Software hinter den meist ovalen und nicht allzu großen digitalen Lautsprechern.

Google bringt Home Mini unter die Leute

Dabei basiert alles auf der Künstlichen Intelligenz, die es mit Hilfe selbstlernender Algorithmen erst möglich macht, dass die Geräte überhaupt Konversation betreiben können. So kann Googles Assistant inzwischen Anrufe übernehmen und Friseurtermine vereinbaren. Eher als charmante Ablenkung und Entspannung haben die US-Amerikaner kürzlich das neue Feature "Tell me something good" (Teile mir etwas Gutes mit) eingeführt. Nach entsprechender Aufforderung gibt es eine Zusammenfassung ausschließlich guter Nachrichten.

Funktionen, die Google auf der hauseigenen Entwicklermesse dieses Jahr vorgestellt hat. Noch sind die Funktionen nur auf Englisch verfügbar. Generell hat sich der Suchmaschinen-Konzern lange Zeit gelassen, seine Hardware über die Grenzen der USA auf den Markt zu bringen. In Berlin versucht das Unternehmen jetzt mit einer Bespaßungsaktion die Marktanteile zu steigern.

Ein großer aufgebauter Stand im Freien lässt von allen Seiten wissen, dass Google einen Stand hat. Wie auch am Mobile World Congress in Barcelona motivieren die Mitarbeiter zum Mitmachen. Normalerweise gibt es Google-Gimmicks wie eine Android-Figur oder eine Tasche mit personalisierter Android-Figur. Doch in Berlin ist alles anders. Ein riesiger Turm mit Monitor schlägt Fragen vor, die man Google stellen kann, nachdem man eine überdimensionierte Münze eingeworfen hat. Sobald die Frage gestellt wurde, zeigt der Monitor an, wie eine Kugel aus dem Turm ähnlich einer Kugel in einem Flipper nach unten rollt. Und schon liegt in der Klappe ein Ball mit einem Gutschein für einen Preis. Der Preis? Ein Home Mini. Ausgegeben an jeden der mitmacht.

Innerhalb von fünf Minuten verschenkte Google sieben smarte Lautsprecher. Insgesamt wird der Stand 15 Stunden auf der IFA geöffnet sein. Das bedeutet, dass mehr als 1300 Geräte verschenkt werden. Auch wenn Google damit nicht signifikant seine Marktanteile steigert, erhofft sich Google davon einiges. Sonst würde man es nicht machen. Arm ist nur derjenige, der in diesem Kabuff sitzt und alle paar Sekunden eine Kugel in die Öffnung legen muss, denn das schafft der Assistent doch nur mit menschlicher Hilfe.

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