Huawei-Bann trifft Chip-Branche ins Mark

Smartphones des chinesischen Elektronikkonzerns Huawei dürften durch den Technologie-Bann der US-Regierung in ihrer Nutzbarkeit stark eingeschränkt werden.
Smartphones des chinesischen Elektronikkonzerns Huawei dürften durch den Technologie-Bann der US-Regierung in ihrer Nutzbarkeit stark eingeschränkt werden.(c) APA/AFP/WANG ZHAO
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Der zweitgrößte Smartphone-Hersteller der Welt erhält keine Google-Produkte mehr. Das rüttelt Chiphersteller weltweit durch – auch in Österreich.

Wien. Für den steirischen Chiphersteller AMS hat die Woche nicht gut begonnen. So hat sich die Aktie des im Vorjahr an der Börse bereits heftig unter die Räder gekommenen Unternehmens gerade ein wenig erholt gehabt, da setzte sie am Montag neuerlich zu Sinkflug an.

Mit einem Minus von zeitweise fast zwölf Prozent musste das AMS-Papier gehörig Federn lassen und war sogar innerhalb der Chip-Branche negativer Spitzenreiter. Allerdings befanden sich auch andere Hersteller von Mikroelektronik wie der deutsche Konzern Infineon oder der in der Schweiz beheimatete pan-europäische Hersteller STMicroelectronics mit Werten zwischen vier und fast zehn Prozent deutlich im roten Bereich.

Der Grund für dieses europaweite Erdbeben lag jedoch Tausende Kilometer entfernt – und zwar in den USA und China. Wie berichtet hat US-Präsident Donald Trump Mitte der vergangenen Woche den chinesischen Telekom-Konzern Huawei auf eine schwarze Liste gesetzt. Seither ist es für US-Unternehmen nur noch dann erlaubt, Technologie oder Teile an Huawei zu liefern, wenn sie zuvor eine entsprechende Genehmigung der US-Regierung haben. Aufgrund der aktuellen handelspolitischen Spannungen zwischen Washington und Peking sowie der allgemeinen Skepsis von Trump gegenüber Huawei gilt es allerdings als sehr unwahrscheinlich, dass solche Genehmigungen überhaupt erteilt werden.

Laut US-Medienberichten trifft dieser Bann Huawei auf zweierlei Art. Einerseits dürften Lieferungen wichtiger Hardware-Komponenten durch US-Zulieferer künftig ausbleiben. Dabei handelt es sich jedoch um Teile, die Huawei dringend benötigt, um seine Produkte herstellen zu können. Darauf soll sich das chinesische Unternehmen jedoch vorbereitet haben, indem ein Lager aufgebaut wurde, mit dem die Produktion für rund drei Monate aufrecht erhalten werden kann.

Anders ist das allerdings beim technologischen Zugang zum von Google bereitgestellten Betriebssystem Android und den damit verbundenen Google-Services. Laut inoffiziellen Informationen aus dem Umfeld des US-Internetkonzerns werde Huawei künftig nur noch die allgemein frei zugängliche Version des Betriebssystems erhalten. Unklar ist, was das für Software-Updates für bestehende Huawei-Smartphones bedeutet. Laut dem chinesischen Hersteller wird es diese Updates für alle bereits von Konsumenten genutzten und alle weltweit bereits in den Verkaufslagern liegenden Smartphones weiterhin geben.

Kein Youtube oder Play Store

Anders sieht die Lage aber bei Smartphones aus, die noch gar nicht produziert sind und somit bereits voll in den Bann durch die US-Regierung fallen. Bei diesen dürfte Huawei nur noch die Grundversion von Android nutzen können. Dadurch würden beliebte Google-Apps wie Gmail, Youtube oder auch der Google Play Store, durch den zusätzliche Apps geladen werden können, wegfallen, heißt es. Sollte sich das bewahrheiten, wäre das für den weltweit inzwischen zweitgrößten Smartphone-Hersteller nach Samsung ein harter Schlag, schließlich wären die Geräte für die Käufer künftig kaum mehr sinnvoll nutzbar. Wie wichtig ein funktionierender App-Store bei Smartphones ist, zeigte nicht zuletzt das Scheitern des technisch ansonsten durchaus gelobten Windows Mobile.

Allerdings ist dieser Google-Effekt für Huawei auf die Märkte außerhalb Chinas beschränkt. Denn im Heimatland werden aufgrund der Internet-Restriktionen der Führung in Peking sämtliche Smartphones ohne Services von westlichen Unternehmen ausgeliefert. Immerhin ging im Jahr 2018 beinahe die Hälfte der 208 Mio. produzierten Huawei-Handys ins Ausland, die meisten nach Europa. Dort hat Huawei bereits 29 Prozent Marktanteil. Ändert sich das, hätte das auch für die westlichen Zulieferer drastische Auswirkungen. Und die Angst davor drückte am Montag die Aktien der Chip-Lieferanten ins Minus. (jaz/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2019)

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