Alexa, der Spion im Wohnzimmer

Fabry / Die Presse
  • Drucken

Sprachassistenten. Amazon, Apple und Google nehmen Dialoge der Kunden mit Alexa, Siri und Co. auf. Nur zur Fehlerbehebung und Analyse, heißt es. Aber ohne Wissen der Nutzer.

Amazons smarte Lautsprecher haben sich mit dem Sprachassistenten Alexa vom Kuriosum zur Erfolgsgeschichte gewandelt. Viele Hersteller haben nachgezogen: Apple mit Siri, Microsoft mit Cortana, Samsung mit Bixby und Google mit seinem namenlosen Helfer. Die Lautsprecher gibt es in allerlei Variationen, aber eines haben sie immer gemeinsam, die digitalen Ohren. Allzeit bereit, um das Radio zu aktivieren, die Lichteinstellungen anzupassen. Selbst bei Hausaufgaben kommen die Assistenten zum Einsatz.

Datenschützer warnen seit jeher vor den dauernd neugierigen Lautsprechern. Man hole sich eine Wanze, die ständig private Gespräche mithöre, in die eigenen vier Wände. Warnungen, die verpufft sind. Die Begeisterung für die sprachgesteuerte Suche war größer als mögliche Risken, wie aktuelle Zahlen zeigen. 2018 wurden laut Marktforschungsinstitut GfK mehr als 53 Millionen Lautsprecher weltweit verkauft. Ein Anstieg von 92 Prozent im Vorjahresvergleich.
Der Siegeszug der smarten Lautsprecher schien besiegelt. Im April zeigten Whistleblower, dass die Befürchtungen der Datenschützer harmloser waren als die Realität. Zwar hatten sie recht, dass Alexa, Siri und Google ständig zuhören, um im richtigen Moment auf ihr Aktivierungswort reagieren zu können. Dass Anfragen regelmäßig aufgezeichnet wurden, war bis dahin unbekannt. Bei fehlerhaften Aktivierungen wurden ebenfalls Mitschnitte gemacht. Diese Aufnahmen wurden dann von Mitarbeitern transkribiert. Damit sollte herausgefunden werden, welche Wörter die versehentliche Aktivierung ausgelöst haben, um die Software entsprechend anzupassen.

Diese Arbeit wurde dann nicht in einem Sicherheitslabor in den jeweiligen Unternehmen erledigt. Sondern nach Costa Rica, Indien, Rumänien und Polen ausgelagert und dort von Zeitarbeitern in Heimarbeit erledigt. Dabei sollen aber „strenge Sicherheitsmaßnahmen“ eingehalten werden, verspricht zumindest Amazon. Eine Identifizierung der Personen sei nicht möglich. Der Nachrichtenagentur Bloomberg liegt allerdings ein Transkriptionsauftrag vor, bei dem aber sehr wohl sensible personenbezogene Daten wie Account-Nummer, Vorname des Nutzers sowie die Seriennummer des Geräts angeführt sind. Das widerspricht früheren Aussagen, in denen betont wurde, dass „Beschäftigte keinen direkten Zugang zu Informationen haben, durch die eine Person oder ein Account bei diesem Verfahren identifiziert werden können“.
Amazon ist zwar Marktführer in diesem Segment, aber mit dieser Praxis nicht allein. Google verwies bereits nach dem Bloomberg-Bericht im Juli darauf, dass es bei dieser Praxis darum gehe, das Verständnis unterschiedlicher Sprachen und Dialekte zu verbessern. Dafür würden nur rund 0,2 Prozent aller Mitschnitte von Sprachexperten ausgewertet.
Anfang August teilte Google mit, dass es Aufnahmen nicht mehr von Mitarbeitern auswerten lässt. Dieser Stopp gilt nur in Europa und nur bis Oktober. Der Suchmaschinenriese reagierte damit auf den Vorstoß des Hamburger Datenschützers Johannes Caspar, der ein Verwaltungsverfahren gegen das Unternehmen eingeleitet hatte.

Firmen wollen künftig vorher fragen

Apple hat als erster Anbieter von Sprachassistenten angekündigt, die Nutzer ausdrücklich um eine Erlaubnis zum nachträglichen Anhören von Mitschnitten durch Mitarbeiter zu fragen. Apple verwies schon länger in einem Sicherheitsdokument darauf, dass auch „eine geringe Anzahl von Transkriptionen“ eingesetzt werden könne, um den Dienst zu verbessern. Diese Information musste man aber erst auf dem Entwicklerportal des Unternehmens finden. Beim Einrichten von Siri wurde nicht auf diese Methode hingewiesen. Ein Mitarbeiter eines Dienstleisters für Apple erklärte gegenüber dem britischen „Guardian“, dass Siri durch derlei Fehlstarts Fragmente von Gesprächen mit medizinischen oder geschäftlichen Inhalten, mögliche kriminelle Aktivitäten oder auch Leute beim Sex aufnehme.

Bis das Software-Update zur Verfügung steht, will Apple die Auswertung weltweit stoppen. Google will Nutzer besser informieren. Bei Amazon kann die Auswertung über die Privatsphäre-Einstellungen im Alexa-Konto deaktiviert werden.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Amazons Dienst Alexa ist erneut in den Fokus geraten.
Tech

Aufregung über Mitschnitte von Amazons Alexa

Amazon lässt die Aufnahmen seines Sprachassistenten von Mitarbeitern im Home-Office auswerten.
Tech

Amazon-Mitarbeiter lauschen Alexa-Gesprächen

Tausende Gesprächsschnipsel werden täglich von Amazon-Mitarbeitern angehört. Zur Verbesserung der Erkennung menschlicher Sprache. Bislang hielt das Amazon nicht für erwähnenswert.
Tech

Google stoppt vorerst Auswertung von Sprachassistenten

Ein Teilerfolg für den Hamburger Datenschützer Johannes Caspar. Drei Monate wird Google die Aufnahmen aus vernetzten Lautsprechern nicht auswerten lassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.