Mehr Megapixel gehen nicht: Wie bewähren sich die zwei Kameras mit der derzeit höchsten Auflösung in der Praxis?
Canon gegen Nikon - so lautete jahrzehntelang die Schlacht im hochwertigen Kamerabereich. An die beiden Unternehmen kam Minolta nicht heran, nicht Olympus, Pentax oder Contax.
Mittlerweile gibt es Minolta und Contax nicht mehr, dafür aber neue Formate und neue Hersteller, die den Markt aufmischen: Olympus reüssiert beispielsweise im Micro-Four-Thirds-Bereich, und die spiegellosen Systemkameras haben sich mittlerweile nicht nur bei den Verkäufen, sondern auch bei der Qualität zu einer ernsthaften Konkurrenz entwickelt.
Die zweifellos beste spiegellose Systemkamera mit Vollformatsensor liefert derzeit Sony mit der a7r II. Sie ist nicht nur in ihrem Segment konkurrenzlos, sondern bringt auch Nikon und Canon in Bedrängnis. Sony selbst kann zwar bisher noch nicht einmal annähernd mit deren Objektivpalette mithalten, doch dank sehr guter Adapter kann man fast alle Nikon- und Canon-Objektive an der a7r II verwenden. Der Metabones IV beispielsweise steuert den Autofokus eines Canon EF 70-200/2.8 an der Sony genauso schnell, wie eine Canon 5d III.
Ein wesentliches Argument für Sony ist Gewicht und Größe: Weil man keine Spiegelmechanik und keinen optischen Sucher benötigt, kann die Kamera wesentlich kleiner gebaut werden. So kommt Sony mit dem sehr guten Zeiss 55mm/1.8 auf 947 Gramm, die Canon erreicht mit dem leichten und kleinen 50mm/1.8 STM immer noch 1110 Gramm.
Dieser Unterschied ist bei Landschafts- und Reisefotografie ein nicht zu unterschätzender Vorteil, und darum geht es in erster Linie bei unserem Vergleich: Wie bewähren sich die zwei derzeit höchstauflösenden Kleinbildkameras in der Praxis? Hier die Canon 5DsR mit 50,6 Megapixel, dort die Sony a7r II mit 42,4 Megapixel.
Kein Pixelpeeing
Ein Wort vorweg: Wir machen hier kein Pixelpeeping, keine 100-Prozent-Ausschnitte, um die Feinheit der Details zu vergleichen. Aus dem einfachen Grund, dass beide Kameras eine hervorragende Auflösung bieten und - das richtige Objektiv vorausgesetzt - auch feinste Details liefern. Die Kinderkrankheiten von Vorgängermodellen (Vibrationen durch den Auslöser) oder die Probleme von frühen Produktionsmodellen (Canon 7D II) gibt es bei beiden Kameras nicht.
Einzig das Rauschen könnte man noch detailverliebt vergleichen. Hier gewinnt auf jeden Fall die Sony mit ihrem weitaus rauschärmeren Sensor. Wie oft man in der Praxis allerdings über 3200 oder 6400 ISO hinausgeht, wo auch die Canon brauchbare Ergebnisse liefert, sei einmal dahingestellt.
Die geringe Größe der Sony ist ideal, um relativ unauffällig Straßenszenen fotografieren zu können. Nie hält man sich ein großes, schweres, schwarzes Ding vors Gesicht und signalisiert damit der Umwelt: Achtung, hier wird fotografiert! Der Autofokus arbeitet schnell und präzise (verwendet wurde das Sony 28mm/2). Über das Menü kann man völlig lautloses Auslösen einstellen. Hilfreich ist auch der ausklappbare Monitor auf der Rückseite: so kann man beispielsweise auf einem Markt über die Köpfe der Menschen fotografieren oder sich die Kamera vor den Körper halten und so Bilder machen.
Wobei die Sensibilität des Suchersensors in der Praxis massiv störend war: Kaum war die Kamera näher als etwa 20 Zentimeter am Körper, glaubte der Sensor, man blicke mit dem Auge durch den Sucher und schaltete den Monitor ab. Auch beim Betrachten der Aufnahmen schaltete sich der Monitor wiederholt selbständig ab (allerdings nur im Freien, nie in Räumen).
Die fünf Bilder pro Sekunde, mit der die Sony arbeitet, waren stets ausreichend. Die hohe Auflösung lässt einem genügend Spielraum, um verschiedene Ausschnitte aus den Bildern herauszuholen. Damit erwies sich das 28mm-Objektiv als ideales Allroundobjektiv.
An den digitalen, gut auflösenden Sucher der Sony gewöhnt man sich schnell. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist, dass man das, was man im Sucher sieht, auch als Ergebnis bekommt: eine Über- oder Unterbelichtung etwa. In finsteren Gassen sieht man beim Blick durch den Sucher oft mehr als mit dem Auge.
Hoher Batterieverbrauch
Einen wesentlichen Nachteil hat all das: die Batterie wird regelrecht aufgefressen. Sony liefert beim Kauf der Kamera zwei Akkus mit - und die braucht man auch dringend. Am späteren Nachmittag fängt man an, nervös auf das Akkusymbol zu schauen und in den Taschen nach dem zweiten Akku zu suchen.
Das passiert einem mit der Canon 5DsR nie. Der Akku hält. Auch nach 2000 Aufnahmen bei minus 15 Grad ist noch "Saft" da. Der größte Nachteil der Canon - Größe und Gewicht - ist in bestimmten Situationen auch ihr größer Vorteil: Man hat eine massive, stabile Kamera in der Hand, die man bei Kälte auch mit Handschuhen gut bedienen kann. Bei Sony wird das zu einer ziemlichen Fummelei.
Wenn man nicht gerade durch die Straßen von Teheran spaziert, schätzt man die subjektive Robustheit, die das Gewicht der 5DsR vermittelt. Die Kamera hat ein Spritzwasser-geschütztes Magnesiumgehäuse, man fotografiert mit ihr im Schneefall auch dann noch, wenn man die Sony (vielleicht zu Unrecht) schon längst in Plastik verpackt hat.
Obwohl auch die 5DsR nur fünf Bilder pro Sekunde verarbeiten kann, fotografiert man mit ihr eher schnelle Objekte mit langen Objektiven. Es fühlt sich schlicht seltsam und unpassend an, wenn man eine a7r II an einem EF 500mm/4 montiert. Aber das ist mehr eine psychische als eine praktische Hürde.
Vergleicht man einen Apfel mit einer Birne, wenn man Sonys a7r II mit Canons 5DsR vergleicht? Beide Kameras haben in der Praxis ihre Vorzüge: Gewicht, Größe, Akku, Robustheit. Welche Eigenschaften man für wichtiger hält, hängt sehr vom Verwendungszweck der Kamera ab.
Die Sony a7r II wird, so man sie bekommt, aktuell um 3498 Euro angeboten, für die Canon 5DsR muss man 3698 Euro bezahlen.