WePad: Die deutsche Alternative zum iPad lebt

(c) AP (Michael Sohn)
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Die Berliner Firma zeigt einen funktionstüchtigen Prototypen. Auch ansonsten ist das WePad offenbar genau das, was es immer sein wollte: die „flexiblere“ Antwort auf das iPad.

Wien. Aller Anfang ist schwer. Als die Berliner Firma Neofonie vor wenigen Wochen erstmals ihr WePad (einen Tablet-PC, ähnlich Apples iPad) der Öffentlichkeit präsentieren wollte, geriet die pompös angelegte Pressevorführung zur Farce. Mehr als hundert Journalisten drängten sich um ein Gerät, das im Vorfeld zum Kontrahenten von Apples iPad hochgejubelt wurde.

Doch statt eines funktionierenden Linux-Betriebssystems zeigte WePad-Entwickler Helmut Hoffer von Ankershoffen am Gerät lediglich ein Promotionvideo in Dauerschleife. Dazu gab es ein paar Screenshots und eine Windows-Fehlermeldung. Das Original sei im Kölner Zoll hängen geblieben, versuchte der Neofonie-Chef zu beruhigen. Doch das skeptische Urteil der Journalisten war schnell gesprochen. „Das WePad ist nur ein Phantom“, urteilten Blogger im Internet.

Guter Verkaufsstart bei Amazon

Seither ist der Informatiker Ankershoffen im PR-Dauereinsatz. „Die Pressekonferenz war überhastet einberufen“, räumte er nun ein. Anfang der Woche war Schadensbegrenzung angesagt: Eine Handvoll ausgewählter Journalisten und Blogger durfte ein funktionierendes WePad in Händen halten. Und siehe da: Das Produkt der 170-Mann-Firma wurde den Vorschusslorbeeren gerecht. Statt Windows 7 lief, wie angekündigt, das offene Betriebssystem Linux auf dem Gerät. Ruckelig, aber immerhin. Obwohl das WePad größer und mit 800 Gramm auch schwerer als sein Konkurrent aus den USA ist, liegt es besser in der Hand als das Tablet von Apple, so das Urteil der Tester.

Auch ansonsten ist das WePad offenbar genau das, was es immer sein wollte: die „flexiblere“ Antwort auf das iPad. Das Gerät hat all das, was viele Nutzer bei Apples neuestem Wurf vermissen: zwei USB-Anschlüsse, einen Eingang für SD-Speicherkarten, eine Webkamera und einen Schlitz für normale UMTS-Karten. Anders als am iPad können auch mehrere Programme gleichzeitig genutzt werden. Mehr noch: Das WePad biete „das ganze Internet“, stichelte Ankershoffen gegen den milliardenschweren Konkurrenten. Apples iPad kann nämlich keine Flash-Inhalte im Internet anzeigen – etwa Webvideos. Zusatzsoftware gibt es über den sogenannten „Meta-Store“, bei dem auch Googles Android-Programme erhältlich sind.

Im August sollen zwei Modelle in den Handel kommen. Die Einstiegsvariante mit Wlan soll 449 Euro kosten. Für Apples iPad wird ein Preis von 499 Euro erwartet. Am Dienstag konnte es erstmals bei Amazon bestellt werden, und die Nachfrage stimmt. Die teurere Variante mit UMTS-Modul führte am ersten Tage bereits die Verkaufsstatistiken bei Amazon Deutschland an. „Die Kapazitäten werden ausgeweitet“, tönte der Neofonie-Chef wieder voll Freude.

Manches sagt Ankershoffen aber noch immer lieber nicht. Etwa, welcher chinesische Zulieferer das Gerät herstellt, wer all das finanziert, wer sich um Vertrieb und Service kümmert, oder welche Zeitungsverlage Abos auf dem WePad anbieten wollen. Bisher konnten nur Gruner+Jahr und Ringier dafür gewonnen werden.

auf einen blick

Zweite Chance für das WePad, die deutsche Antwort auf Apples iPad. Neofonie zeigte den ersten laufenden Prototyp und die Tester sind begeistert. Nach einer verpatzten Premiere mussten die Berliner den Verdacht zerstreuen, das WePad existiere gar nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2010)

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