Apple-Gründer Wozniak: "Heute sind wir alle Geeks"

Steve Wozniak  Foto: Clemens Fabry
Steve Wozniak Foto: Clemens Fabry(c) (Clemens Fabry)
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In den frühen 80ern hat er gemeinsam mit Steve Jobs Apple gegründet. Im DiePresse.com-Interview verrät "The Woz", ob er seinen Ausstieg bereut und warum der Hype um Apple wichtig ist.

Einst war er das Gehirn von Apple. Als der Technologiekonzern vor drei Jahren das iPhone auf den Markt brachte, stand Steve „Woz“ Wozniak, dafür genauso in der Schlange, wie tausende andere Apple-Fans auch. An seinem Handgelenk hängt ein iPod nano als Uhr. Kein Zweifel, der Mann ist ein „Geek“. Allerdings einer, ohne den der Apple-Boss Steve Jobs das Unternehmen nie hätte gründen können. Denn es war „der andere Steve“, der mit dem Apple I in den Siebzigern den ersten Kleincomputer erfand. In der Öffentlichkeit spielte der Mitgründer aber stets die zweite Geige hinter Jobs. Damals, als Apple noch nicht aus der Garage gekommen ist und heute, wenn das Smartphone mit dem Apfellogo am Sprung ist, zum Markenzeichen des bald wertvollsten Unternehmens der Welt zu werden. In den vergangenen sieben Jahren hat sich der Wert des Unternehmens um mehr als das 30-Fache erhöht. Vergangene Woche sprang das Papier erstmals über die 300-Dollar-Marke. Nur der Ölriese Exxon steht Apple noch im Weg. Wenn der Konzern am Dienstag wie erwartet bekannt gibt, dass auch im letzten Quartal der Hunger nach iPhones und iPads kaum zu stillen war, steht wohl ein weiter Sprung bevor.

Alles das verfolgt „The Woz“ heute interessiert, aber doch aus der Ferne. Nach Apples Börsengang 1980 war er auf einen Schlag millionenschwer. Im Jahr danach verlor er nach einem Flugzeugabsturz das Gedächtnis, stieg aus allem aus und kam nie wieder zurück. Stattdessen unterrichtete an Schulen, tanzte sich durch TV-Shows, organisierte Rockfestivals und finanzierte ein Start-Up nach dem anderen. Im Interview verrät der „Vater des Computers“ ob er seinen Ausstieg bereut, was er anders machen würde und warum er den Hype um Apple wichtig findet.


Gibt es etwas, das Sie am iPhone anders gemacht hätten, wäre es Ihre Erfindung gewesen?

Steve Wozniak: Man findet nie alle Funktionen, die man gerne hätte, in nur einem Gerät. Es ist sehr schwer, die richtige Mischung an Funktionen zu finden. Deshalb ist es sehr schwer, diese Frage zu beantworten.

Was halten Sie von Apples Strategie, die Auswahl an Apps und Geräten so stark einzuschränken? Denken Sie wird das für das iPhone zum Stolperstein, insbesondere, da Google Android so offen ist?

Wozniak: Die Beschränkungen haben dem iPhone in vielen Dingen geholfen und in einigen geschadet. Das iPhone ist sehr einfach zu bedienen - man kann nicht zu 100 Prozent offen sein. Irgendwo muss man eine Grenze ziehen. Aus Sicherheitsgründen, um das System zu schützen.

In den frühen 80er-Jahren haben Sie eine ähnliche Situation erlebt, wie heute Apple mit dem iPhone. Sie haben ein Produkt entwickelt (Apple I Computer) und viele Firmen versuchten es nachzumachen - Microsoft hat schließlich die Marktführerschaft übernommen. Das war also nicht unbedingt gut für Apple.

Wozniak: Im Gegenteil: Offenbar hat es für Apple gut funktioniert, hat sich gut entwickelt. Auch in der Zeit, als die Leute sagten die Firma stehe vor dem Bankrott, hatten wir Milliarden an Dollar auf der Bank. Die Firma war auf einem guten Kurs. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir den Weltmarkt für Computer dominiert hätten. Aber der Grund warum wir am Computermarkt gegenüber dem PC verloren haben ist: Nicht nur Microsofts Windows, sondern auch IBM, der erste große PC-Hersteller, hatte Vertriebswege, die es den Firmen einfach gemacht hat dort zu verkaufen. Die großen Aufträge waren ein Problem. Apple war nicht groß genug.

Ihr damaliger Arbeitgeber HP hat Ihre Idee für den Apple I fünf mal abgelehnt. Sind große Firmen dümmer als Start-Ups? Weniger visionär?

Wozniak: Nein, aber große Firmen haben eine starke, oft bewahrende Kultur. Wenn HP meine Idee aufgenommen hätte, hätten sie wohl das Falsche daraus gemacht. Sie hätten den Computer weiter als Werkzeug für Ingenieure verkauft und nicht als ein Gerät, das jedermann in seinem Haus haben möchte.

Nachdem Sie 1976 den Computer erfunden haben, sagten Sie: Wir sind Teil der größten Revolution, die es je gab. Welchen Einfluss wird das Tablet auf die Geschichte der Computer nehmen?

Wozniak: Neue Technologie verdrängt Altes immer nur langsam. Smartphones ersetzen „dumb phones“ gerade erst. Viele Menschen werden auch weiter Computer verwenden. Auch ich verwende mein iPad nicht alleine, weil ich mehr Speicherplatz brauche. Im Grunde weiß ich aber, dass ich einen Weg finde, alles am iPad unterzubringen.

Steve Wozniak in Wien


Heute ist das Unternehmen, das Sie gemeinsam mit Steve Jobs gegründet haben, das zweit wertvollste der Welt nach Exxon.

Wozniak: Ich hätte HP niemals verlassen - ich habe es so seht geliebt. Selbst als wir Apple gestartet haben, habe ich weiterhin für HP gearbeitet. Deshalb wollte ich zunächst auch, dass HP meine Geräte herstellt. Damals hat HP allerdings nur Taschenrechner und Werkzeuge produziert.

Ein paar Jahre später haben Sie HP aber doch verlassen und zu Apple gewechselt.

Wozniak: Das war eine sehr schwere Entscheidung und meine erste Antwort war eigentlich nein. Wir hatten einen Investor, also konnten wir tausende Computer herstellen und mit dem Verkauf eine Menge Geld machen - also bat mich Steve, meinen Job bei HP aufzugeben. Dann aber erkannte ich, dass es in Ordnung ist, solange ich Entwickler bleiben kann und kein Unternehmen führen muss. Ich kann nicht über anderen Menschen stehen und ihnen Befehle erteilen - ich bin und bleibe Entwickler.

In den frühen 80er-Jahren haben Sie Apple schließlich auch den Rücken gekehrt. Haben Sie die Entscheidung jemals bereut?

Wozniak: Nein. Seither habe ich jede Menge tolle Dinge erlebt. Ich blicke generell nicht gerne zurück und bereue Dinge, die ich früher getan habe. Früher, als ich der einzige Entwickler bei Apple war, wäre es nicht möglich gewesen zu gehen. Jetzt aber kommt Apple gut ohne mich klar. Ich wollte damals meinen College-Abschluss nachholen.

Haben Sie sich jemals gedacht, ich könnte es besser als Steve Jobs?

Wozniak: Nein, niemals. Steve Jobs kann Menschen begeistern und ich mache hervorragende Designs. Wir haben uns perfekt ergänzt. Er wollte die Welt verändern und ein Unternehmen führen und ich wollte immer beweisen, dass ich tolle Produkte entwickeln kann. Steve hat sehr viel gelernt, als er Apple für eine Zeit verließ, um sein eigenes Unternehmen zu führen. Wir waren damals lange nicht so weit, wie wir heute sind. Ich war allerdings immer für mehr Offenheit und für Produkte mit moderaten Preisen. Er war immer der konservativere Geschäftsmann von uns beiden.

HP hatte eine Regelung, die Mitarbeitern den Zugriff auf alle Technikteile im Lager versprach, um eigene Projekte umzusetzen. Apple würde das heute nie tun, sondern Mitarbeiter dafür vermutlich sogar feuern.

Das ist zu einem Großteil aber noch immer Ihre Firma - sind Sie mit der Richtung von Apple einverstanden?

Wozniak: Mit den Produkten und der Produktqualität sogar sehr. Ich blicke nicht gerne zurück und stelle mir die Frage, was gewesen wäre, wenn wir etwas anders gemacht hätten. Ich schätze Steve Jobs außerordentlich für seine Manager-Qualitäten.

Was halten Sie von dem großen Hype, den Apple-Produkte auslösen? Manche Fans scheinen eine regelrechte Religion daraus zu machen.


Wozniak: In gewissem Sinne bin ich auch so. Ich liebe alle Apple-Produkte. Aber ich will auch alle Nachrichten über Google Android und alle anderen neuen Produkte. Ich lese alle diese Blogs. Ich versuche als Entwickler immer objektiv zu denken und nicht Massentrends zu folgen. Das war schon bei meinem ersten Computer, Apple I, so - er war komplett anders konstruiert, als alle anderen Computer. Ich mag es nicht, wenn Menschen sagen "Apple macht alles richtig und alle anderen liegen falsch". Viele Firmen machen gute Produkte.

Finden Sie es problematisch, dass die Medienberichterstattung oft so stark auf Apple fokusiert ist?

Wozniak: Nein, ich denke, es ist sehr gut für Apple und für die ganze Welt. Es ermöglicht Apple eine hervorragende Berichterstattung über neue Produkte. Gäbe es hier zu viele verschiedene Firmen, die alle dasselbe Produkt produzieren, wäre es schwierig, sich für eine Richtung zu entscheiden. Apple und seine vielen treuen Fans und die Geheimniskrämerei im Vorfeld von Produktpräsentationen zeigen der Welt, in welche Richtung es gehen soll. Wir alle warten auf Apple, um uns die neue Richtung zu zeigen, in die die Reise geht. Das gibt den Takt vor und alle Firmen folgen. Dabei hätten wir alle ein Gehirn, um das für uns selbst zu entscheiden.

Seit Sie Apple verlassen haben, haben Sie eine Menge Projekte gestartet, sich für Non-Profit-Organisationen eingesetzt und arbeiten derzeit bei fusion-io - was ist Ihnen heute am wichtigsten?

Wozniak: Mich mit neuen Gadgets und Produkten zu beschäftigen, ist mir nach wie vor sehr wichtig, denn das macht das Leben als Geek aus. Heute sind wir alle Geeks. Jeder hat schon ein Smartphone. Ich suche gerne auf der ganzen Welt nach neuen Entwicklungen. Fusion-io hat eine Technologie entwickelt, die in Zukunft wirklich sehr wichtig sein wird. Das erinnert mich stark an den Beginn von Apple.

Was für eine Technologie ist das?

Wozniak: Solid State Storage. Nicht zu verwechseln mit Solid State Discs. Solid State Storage ist als Speicher in Computern viel effizienter, günstiger und schneller. In Zukunft wird damit wesentlich mehr Geld gemacht, als mit allen Servern von HP und IBM. Am Montag spricht Steve Wozniak auf dem von der Telekom Austria organisierten "future.talk" zum Thema Verschmelzung von Mensch und Maschine in der Remise Erdberg in Wien.

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