Spiel zwischen virtuell und real

Spiel zwischen virtuell real
Spiel zwischen virtuell real(c) Game Technologies
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Moderne Spielkonzepte versuchen die Vorzüge von Video- und Brettspielen zu verbinden. Eine ideale Lösung hat allerdings noch niemand gefunden.

Das iPad hat das Computerspiel familienfähig gemacht. Spiele wie Scrabble oder Monopoly sind als App am Tablet aber nicht ganz ideal. Das Gerät ist wesentlich kleiner als ein Spielbrett – liegt es in der Mitte der Runde, können die Spieler die Anzeige kaum erkennen. Das Ergebnis: Das iPad wird erst weitergereicht und wieder spielt mehr oder weniger jeder isoliert. Pramod Sharma und Jerome Scholler wollen für dieses Problem eine Lösung gefunden haben. Sie verbinden virtuelle Elemente am Tablet mit realen Spielsteinen. Tangible Play nennen die beiden Entwickler ihr Konzept. Bei einer Vorführung in San Francisco zeigten sie zum Beispiel ein Wortratespiel für Kleinkinder, bei dem ein Begriff anhand eines Bildes auf dem Tablet erraten werden muss. Auf dem iPad steckt eine Kamera, die das Geschehen auf der Spielfläche auf dem Tisch mitverfolgt. Dort sollen – ähnlich wie bei Hangman – einzelne Buchstabenkärtchen platziert werden, die in dem gesuchten Begriff vorkommen könnten. Stimmt ein Buchstabe, wird das auf dem Bildschirm angezeigt.

Gemeinsam improvisieren. Der Vorteil liegt laut Sharma am Raum, der zum gemeinsamen Spielen zur Verfügung steht. „Tangible Play ist wesentlich sozialer“, erklärte er vor potenziellen Investoren auf der Disrupt-Konferenz in San Francisco, auf der Start-ups ihre Ideen präsentieren. Ein anderes Beispiel war ein Tangram-Spiel, also eine Art Puzzle. Die gewünschte Form wird auf dem Bildschirm angezeigt und der oder die Spieler müssen die Form aus Bausteinen nachbauen. „Ich kann einfach hingreifen und jemand anderem helfen“, sagt Sharma. Genau diesen Reiz von realen (Brett-)Spielen wollen die Entwickler für virtuelle Spiele nutzbar machen – die Möglichkeit, spontan vom eigentlichen Spielkonzept abzuweichen und zu improvisieren. Die Analysten auf der Bühne waren noch nicht restlos überzeugt: Welchen Mehrwert bringt die digitale Anzeige etwa bei dem Wortratespiel? Sharma weicht der Frage aus und hebt erneut die größere Spielfläche hervor. Allerdings könnte es demnächst Spielkonzepte geben, für die die Mischung aus virtuell und real spannender ist, denn Tangible Play soll auch für andere Spieleentwickler geöffnet werden.

Zu teuer? Bleibt noch ein wichtiger Punkt: die Kosten. Die könnten Tablet-Spielern tatsächlich ein wenig hoch erscheinen. Etwa 30 Dollar soll die Tangible-Play-Kamera kosten und dann werden pro Spiel noch einmal etwa zehn Dollar fällig. Die meisten Spiele im App-Store sind hingegen kostenlos oder liegen unter fünf Dollar. Andererseits scheinen sich Investoren noch ein wenig unsicher zu sein. Tangible Play hat bisher 350.000 Dollar erhalten – das ist zwar nicht schlecht, andere Disrupt-Teilnehmer haben jedoch bereits Investitionen von über einer Million Dollar vorzuweisen. Darkling Plain – ein Spiel mit realen Figuren, die dank Augmented Reality auf dem Tablet zum Leben erwachen – begeisterte ebenfalls nur die Medien. Auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat das Projekt sein Finanzierungsziel von 120.000 Dollar weit verfehlt.

Für Aufsehen hat auf diesem Gebiet auch eine polnische Firma gesorgt. Game Technologies hat einen elektronischen Würfel entwickelt, der Tablet-Spielern das Gefühl zurückgeben soll, „das Schicksal in der eigenen Hand zu haben“. Sehr eingeschränkt freilich: Wenn der Würfel Betrug wittert, zeigt er einfach keine Zahlen an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2013)


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