Hasspostings: Facebook zeigt "die heile Welt der Content-Moderation"

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Eine Charmeoffensive Facebooks soll Einblicke bieten, wie mit Hasspostings und Enthauptungsvideos umgegangen wird. Viele Details zu den wahren Arbeitsbedingungen bleiben aber ungenannt.

Facebook will Transparenz zeigen und hat sich ausgewählten deutschen Medien geöffnet, um zu zeigen, dass man sich sehr wohl mit dem Thema Hasspostings und Gewalt auf der Zwei-Milliarden-User-Plattform auseinandersetzt. Und zu zeigen, dass man dabei nicht auf seine Mitarbeiter vergisst, die teils mit hartem Tobak konfrontiert werden. Wie zum Beispiel eine Mitarbeiterin, die bereits nach einer Woche beim Facebook-Dienstleister Arvato ein Enthauptungsvideo zu Gesicht bekam. Daraufhin habe sie das Büro verlassen, um zu weinen. Mittlerweile habe sie sich daran gewöhnt, berichtet sie den Journalisten und bekomme auch nicht mehr die ganz harten Fälle zugeteilt.

Das ist nämlich auch Teil der Firmenpolitik. Den Mitarbeitern wird nur vorgelegt, was man ihnen auch zutraut. Sollte es doch einmal zu schwer sein - immerhin beschäftigt man sich den gesamten Tag mit Kinderpornografie, Tierquälerei, Hass und Tötungen - liegt auf jedem Tisch die Nummer eines Psychologen auf, den man jederzeit kontaktieren darf. 

Für Fragen und weitere Details standen ausgewählte Mitarbeiter für Interviews zur Verfügung. Für Redakteur Fabian Reinbold von Spiegel Online wirkte die Führung ein wenig gekünstelt. Zu bemüht der Versuch "die heile Welt der Content-Moderation" zu zeigen. Eine Welt, die Arvato-Mitarbeiter bereits vor einigen Monaten zeigten. Die sich nicht mit der deckt, die Facebook gewillt war zu zeigen und zu vermitteln. Wie die "Presse" bereits im November berichtete, haben die Mitarbeiter kaum Zeit, sich um die eingehenden Postings zu kümmern. 10.000 Tickets zu Fake-Profilen werden im Schnitt pro Tag von 15 Personen bearbeitet, wobei hier auch Software zum Einsatz kommt. Weniger technische Unterstützung bekommen jene Mitarbeiter, die sich mit den Inhalten von Beiträgen auseinandersetzen müssen. Hier fallen täglich bis zu 5000 Postings an. Ein 48-seitiges Manual sollten die Mitarbeiter gut kennen, um einschätzen zu können, wie das betreffende Posting einzuschätzen ist. 

Eine andere Seite der Medaille, die Facebook bewusst nicht zeigen wollte. Zweck dieses Events, das nur vier deutschen Medien gegönnt war, war ein politisches. Immerhin drohen Facebook in Deutschland massive Strafen, wenn sie Postings nicht innerhalb einer vorgegebenen Zeit löschen.

>>> Spiegel Online

(bagre)

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