Wind und Wasser im Wettstreit um Förderungen

Ab 2020 müssen Ökostromerzeuger ihren Strom selbst auf dem Markt verkaufen und erhalten zusätzlich für 20 Jahre einen Aufschlag (Marktprämie) je verkaufter Kilowattstunde.
Ab 2020 müssen Ökostromerzeuger ihren Strom selbst auf dem Markt verkaufen und erhalten zusätzlich für 20 Jahre einen Aufschlag (Marktprämie) je verkaufter Kilowattstunde.(c) REUTERS (PASCAL ROSSIGNOL)
  • Drucken

Die Koalition streicht die fixen Fördertarife für Wind- und Solaranlagen. Stattdessen müssen Kraftwerksbetreiber um Marktprämien rittern. Ein Gewinner der Reform ist die Biomasse.

Wien. Es ist eine der Mammutaufgaben der Bundesregierung: Wie lässt sich Österreich 2030 zu hundert Prozent mit Ökostrom versorgen, ohne Bürger und Stromkunden komplett finanziell auszubluten? Dass dafür das bisherige System der fixen Fördertarife für Wind- und Solarkraftwerke fallen muss, war schon der Vorgängerregierung klar. Aber sonst? Am Mittwoch brachte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) nun erstmals eine genaue Punktation zum „Erneuerbaren Ausbau Gesetz 2020“ in den Ministerrat ein. Die große Revolution ist darin (noch) nicht zu finden. „Die Presse“ hat sich die Vorschläge im Detail angesehen.

Die einschneidendste Veränderung ist wohl das Ende der fixen Einspeisetarife. Ab 2020 müssen Ökostromerzeuger demnach ihren Strom selbst auf dem Markt verkaufen und erhalten zusätzlich für 20 Jahre einen Aufschlag (Marktprämie) je verkaufter Kilowattstunde. Allerdings wird nicht mehr jeder Kraftwerksbetreiber automatisch zum Zug kommen. Die Fördermittel sollen über Ausschreibungen an die Bestbieter vergeben werden. Erklärtes Ziel sei, möglichst viel Ökostrom aus jedem Fördereuro zu holen, so das Ministerium. Die Technologie solle keine Rolle mehr spielen, heißt es zur „Presse“. Wind- und Wasserkraftwerke müssten gegeneinander antreten.

Für jeden etwas dabei

Dieser Punkt ist ein rotes Tuch für die Erneuerbaren-Branche. Die Windkraftbetreiber haben wiederholt darauf hingewiesen, dass der nötige Ausbau mit Ausschreibungen nicht zu stemmen sei. Um die Lobbyisten und Kritiker vorab zu besänftigen, ist im vorliegenden Papier denn auch für fast alle Branchen etwas dabei: Den umstrittenen Biomasseanlagen werden Nachfolgetarife versprochen, die Windkraft darf an bestehenden Standorten aufrüsten und sich noch einmal um Förderungen anstellen. Zudem wird es eigene Ausschreibungen innerhalb der einzelnen Technologien geben, um jeder Erzeugungsart eine Chance zu geben. Solaranlagen werden in Zukunft nur noch über einen Investitionszuschuss gefördert. Vorrang haben dabei Solaranlagen mit Speicher. Zudem soll es leichter werden, eigenen Strom an Nachbarn zu verkaufen.

In einigen Punkten ist die Umweltministerin auf das Finanzministerium angewiesen: So soll etwa die Eigenstromsteuer fallen, die bisher angefallen ist, wenn selbst erzeugter Solarstrom verbraucht wurde. Auch die angekündigte steuerliche Bevorzugung von „grünem Erdgas“ fällt in die Zuständigkeit von Hartwig Löger.

Kosten steigen „unwesentlich“

Offen ist die Frage der Kosten. Das Ministerium geht davon aus, dass es nur „unwesentlich“ teurer werden soll. Zuletzt zahlten die Österreicher rund 800 Millionen Euro an Ökostromförderung.

Die Reform des Ökostromregimes wurde am Mittwoch nur angestoßen. Die Koalition braucht die Stimmen von SPÖ oder Neos, um das Gesetz durchzubringen. Bisher hat zumindest die SPÖ kein gutes Haar am Vorschlag der Regierung gelassen. Ist eine Oppositionspartei überzeugt, muss die EU-Kommission prüfen, ob sich die Republik an das Beihilfenrecht hält. Damit sich das bis 2020 ausgeht, muss das Gesetz im Sommer stehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.