Neue Studie hält nichts von Dieselfahrverboten

APA/dpa/Marijan Murat
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Die renommierte Nationalakademie Leopoldina findet Fahrverbote  „wenig erfolgsversprechend". Und sie warnt vor einer „Verengung“ der Debatte auf Stickoxide. Denn das viel größere Problem sei der Feinstaub.

Eine Studie macht den deutschen Dieselfahrern Hoffnung - also zumindest auf den ersten Blick. Denn die Wissenschaftler der Leopoldina, der nationalen Akademie der Wissenschaften, halten Dieselfahrverbote für „wenig erfolgsversprechend“. Im Gegenteil: Sie warnen vor „kurzfristigem Aktionismus“. Dabei ist schon heute Stuttgart großflächig Sperrgebiet für ältere Diesel. Auch in anderen Städten drohen Fahrverbote.

Ein Freibrief für den Verbrennungsmotor ist die Studie aber keineswegs. Die Autoren plädieren für eine grundlegende Verkehrswende. Was bisher geschah, das gilt ihnen, frei übersetzt, als Stückwerk.

Die Untersuchung durch die weltweit älteste Wissenschaftsakademie hatte Kanzlerin Angela Merkel in Auftrag gegeben. Sie sollte ein paar Fakten in diese heftige, ja im wahrsten Sinne des Wortes grenzwertige Debatte bringen. Denn das Thema Dieselfahrverbote treibt die Deutschen um. Der Streit kreiste bisher vor allem um Stickoxid-Grenzwerte. Eine Gruppe von Lungenfachärzten hatte die Sinnhaftigkeit der Grenzwerte angezweifelt. Das tut diese 52-seitige Studie keineswegs.

Kampf dem Feinstaub

Aber die Forscher, das ist die deutlichste Botschaft, halten die Verengung der Debatte auf Stickoxid-Grenzwerte für falsch. Erstens würden die „strengen“ Grenzwerte schon binnen der nächsten fünf Jahre weitgehend eingehalten. Aber vor allem wollen die Studienautoren den Blick weg von Stickoxiden hin zu anderen Schadstoffen lenken, zum Feinstaub beispielsweise. Diese kleinsten Partikel seien nämlich deutlich schädlicher für die Gesundheit. Deshalb drängen die Forscher in dem Papier, die Anstrengungen zur Luftreinhaltung auf die Feinstaub-Reduktion zu konzentrieren. Die bestehenden Grenzwerte seien hier zu lasch.

Nun speist sich Feinstaub aus vielen Quellen. Verbrennungsmotoren sind nur eine davon. Dazu zählen auch der Abrieb von Reifen, Straßenbelag, Bremsbeläge, Kraftwerke, Verbrennungsprozesse in Haushalten oder der Landwirtschaft und so weiter.

Ein Persilschein für den Benziner gibt es übrigens auch nicht. Im Gegenteil: Benziner stoßen mehr Kohlenstoffdioxid (CO2) aus, was wiederum das Klima anheizt. CO2 halten die Studienautoren etwas vereinfacht für das größte Übel unter den Schadstoffen.

Bündel an Maßnahmen

Und so mündet die Analyse in ein ganzes Bündel an Maßnahmen: Die Experten raten zu Softwareupdates für ältere Dieselfahrzeuge, zu Hardware-Nachrüstungen etwa bei Bussen und Kommunalfahrzeugen und mittelfristig auch zu teureren Benzinpreisen, um die Gesamtfahrleistung im Individual- und Wirtschaftsverkehr“ zu reduzieren. Und natürlich, Dauerbrenner, soll der emissionsarme öffentlichen Verkehr ausgebaut werden.

Die Wissenschaftler warnen zudem davor, nur den Verkehr im Blick zu haben. Es brauche „eine bundesweite, ressortübergreifende Strategie“, die auch Landwirtschaft und Holzfeuerung im Blick habe.

--> zur Stellungnahme der nationalen Akademie der Wissenschaften

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