Zinssenkung bremst Talfahrt der Börsen

TRENDWENDE. Leitbörsen in Europa und USA legen deutlich zu. Wien absolvierte Berg- und Talfahrt und schloss am Freitag wieder in der Verlustzone.

wien (dom/ag.). Kaum hatten die Börsianer von der überraschenden Zinssenkung in den USA erfahren, ging es an den internationalen Aktienbörsen deutlich nach oben. Zuvor hatten an den Leitbörsen in Europa noch die Minuszeichen dominiert. In den USA ging es gleich zu Handelsbeginn mit den Kursen deutlich nach oben. Die US-Aktienmärkte waren am Donnerstag zunächst kräftig abgestürzt, hatten aber gegen Handelsende einen Teil der Verluste wieder aufgeholt. Ob einige Börsianer bereits Wind von der bevorstehenden Zinssenkung bekommen hatten, wird wohl noch länger diskutiert werden.

Zu Handelsschluss lagen der Dow Jones-Index mit 1,8 Prozent, die Technologiebörse Nasdaq mit 2,2 Prozent im Plus. Zu den größten Gewinnern gehörten die Finanzwerte. Sie waren in den vergangenen Tagen - als die US-Immobilienkrise immer weitere Kreise gezogen hatte - am stärksten unter die Räder gekommen. Countrywide, der größte Hypothekenfinanzierer der USA und zuletzt schwer in Bedrängnis, legte den größten Kurssprung seit mehr als sieben Jahren hin. Kräftig zulegen konnten auch die Investmentbanken Lehman Brothers und Morgan Stanley.

Gebremst wurde die Entwicklung von ungünstigen Konjunkturdaten, das Verbrauchervertrauen hat sich in den USA deutlich eingetrübt. Trotz der gestrigen Entspannung bleibt die Sorge über die weitere Entwicklung der Kreditkrise bestehen. So hat etwa die Ratingagentur Moody's davor gewarnt, dass ein weiterer großer Hedge Fonds zusammenbrechen könnte.

Die europäischen Aktienmärkte schlossen einheitlich fester. Insbesondere die zuvor arg gebeutelten Finanzwerte, darunter ABN Amro, BNP Paribas, Crédit Agricole sowie Standard Chartered machten einen Teil ihrer kräftigen Verluste der vergangenen Tage wett. Der Frankfurter Leitindex Dax legte 1,5 Prozent zu, der Londoner Aktienmarkt schaffte ein Plus von 3,50 Prozent und fuhr damit den stärksten Kursgewinn seit Mitte 2003 ein. 

Eine Berg- und Talfahrt legte am Freitag der ATX, der Leitindex der Wiener Börse, hin. Am Donnerstag hatte es Wien schlimmer als die meisten anderen Börsen erwischt, der ATX hatte mehr als fünf Prozent verloren. Am Freitag ging es kurz bergauf, dann sackte der Index jedoch wieder um rund zwei Prozent ab. Nach Bekanntwerden der US-Zinsentscheidung schoss er nach oben, bröckelte aber wieder ab und schloss um 0,33 Prozent tiefer. Die größten Verlierer waren A-Tec, RHI sowie Uniqa. Die Liste der Gewinner wurde von Flughafen, Wiener Städtischer sowie Wienerberger angeführt.

Kurssturz in Fernost

Für die Börsen in Fernost war die US-Zinssenkung zu spät gekommen. Sie rauschten am Freitag auf breiter Front nach unten. Am schlimmsten erwischten es den japanischen Aktienmarkt. Der Leitindex Nikkei verlor 5,42 Prozent, das war der höchste Tagesverlust seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Der plötzliche Anstieg der japanischen Währung belastete vor allem Exportwerte wie Canon, Toyota und Sony. Eine weitere Geldspritze von knapp acht Mrd. Euro von der Bank of Japan half nur wenig.

Ebenfalls steil nach unten ging es am Freitag an den Aktienmärkten von Hongkong, Taipeh, Seoul und Singapur. Der Asien-Index MCCI, in dem die Aktienmärkte von Asien-Pazifik mit Ausnahme von Japan zusammengefasst sind, verlor in der vergangenen Woche mehr als zehn Prozent, der größte Einbruch seit Jänner 1998. Weiter in den Keller rutschen schließlich auch die chinesischen Börsen, der Aktienindex der Börse von Shanghai verlor 2,3 Prozent, Federn lassen mussten vor allem Finanzwerte.
In den nächsten Tagen dürfte nach Meinung von Analysten die Nervosität anhalten. Sollte es neue Hiobsbotschaften über Schieflagen von Hypothekenbanken geben oder weitere Fonds schließen müssen, könnte es mit den Kursen schnell wieder steil bergab gehen. "Es gibt ein großes schwarzes Loch. Keiner weiß, welche Firmen noch von der US-Hypothekenkrise betroffen sein könnten," meint ein deutscher Aktienanalyst.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.