Toshiba wirft Ballast ab

Toshiba-Boss Satoshi Tsunakawa entschuldigt sich für Verluste.
Toshiba-Boss Satoshi Tsunakawa entschuldigt sich für Verluste. (c) APA/AFP/KAZUHIRO NOGI
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Die krisengeschüttelte US-Atomtochter Westinghouse soll verkauft oder in die Insolvenz geschickt werden.

Tokio. Wenn ein Konzern vom Kaliber des japanischen Industriemultis Toshiba mit 190.000 Mitarbeitern die Quartalszahlen nicht legen kann, ist Feuer am Dach. Das ist in der Tat der Fall: Nachdem im Geschäftsjahr 2015/16 eine Affäre um jahrelange Bilanzmanipulationen einen Verlust von 6,24 Mrd. Euro verursacht hatte, geht es jetzt um weitere Verluste. Ursache ist die US-Atomsparte Westinghouse.

Wobei die Japaner noch keine Lösung haben – vorerst kündigten sie am Dienstag die „aggressive Prüfung strategischer Optionen“ an. Das könnte ein Verkauf, aber auch die Insolvenz sein. Westinghouse ist auch der Grund, weshalb die Veröffentlichung der Quartalszahlen erneut verschoben werden musste. Sie wurde für 11. April angekündigt. Sollte der Konzern sie bis 21. April nicht legen, droht sogar der Ausschluss von der Börse.

Verzögerungen bei AKW

Die Entschuldigung von Konzernchef Satoshi Tsunakawa stimmte die Anleger letztlich milde: Nachdem die Toshiba-Aktie zeitweise um bis zu acht Prozent verloren hatte, schloss sie um ein halbes Prozent fester. Toshiba teilte mit, auch ohne Westinghouse und die Chipsparte im kommenden Geschäftsjahr und in dem darauf profitabel zu sein.

Die Probleme der US-Atomsparte haben ein gewaltiges Loch in die Bilanz gerissen. Toshiba hat kürzlich eine Wertberichtigung von 721,5 Mrd. Yen (5,9 Mrd. Euro) bekannt gegeben. Grund sind Verzögerungen und Kostenüberschreitungen beim Bau von Atomkraftwerken in den USA. Die Japaner hatten den US-Atomkonzern Westinghouse für über fünf Mrd. Dollar gekauft, und dieser hat wiederum die Spezialbaufirma Stone & Webster übernommen. Dort fallen die Abschreibungen an.

Da die Sparte aber auch stabile Geschäfte bei Dienstleistungen und Brennstoffen mache, sollte es durchaus Käufer für einen Mehrheitsanteil geben, hofft Toshiba. Allerdings scheint auch ein US-Gläubigerschutzverfahren nicht ausgeschlossen. Tsunakawa meinte nur, es gebe „diverse Optionen“.

Auch die profitable Chipsparte steht zur Disposition. Toshiba will sich mit den erhofften Milliardeneinnahmen einen finanziellen Puffer schaffen und die Kreditwürdigkeit sichern. Beim Verkauf stehen nationale Sicherheitsinteressen im Vordergrund. Man will verhindern, dass hochmoderne Technologie in falsche Hände gerät. Deshalb ist ein Verkauf an eine US-Firma wahrscheinlich. (ag/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2017)

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