Britische Banken sind gut gerüstet

Die Großbank Barclays wird besonders genau beobachtet.
Die Großbank Barclays wird besonders genau beobachtet.APA/AFP/TOLGA AKMEN
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Selbst ein ungeordneter Ausstieg aus der Europäischen Union würde die britschen Banken nicht in ihrer Funktion stören, sagt die Bank of England nach ihrem neuesten Stresstest.

London. Gute Nachrichten aus dem britischen Finanzzentrum: Die wichtigsten britischen Kreditinstitute sind nach Meinung der Notenbank Bank of England auch für ein planloses Ausscheiden des Landes aus der Europäischen Union (für einen sogenannten harten Brexit) stark genug aufgestellt. Selbst im Falle größerer ökonomischer Verwerfungen könnten die Geldhäuser die britische Wirtschaft weiterhin mit ausreichend Krediten versorgen, teilte die Notenbank am Dienstag in London mit.

In ihrem jährlichen sogenannten Stresstest haben die britischen Bankaufseher durchgespielt, was mit den größten Instituten des Landes im Falle eines starken wirtschaftlichen Abschwungs, einer Abwertung des Pfunds um ein Viertel, eines Einbruchs der Häuserpreise sowie von Kreditausfällen infolge starker Arbeitslosigkeit und anziehender Zinsen geschehen würde.

Je mehr Kapital, desto besser

Das Szenario sei bei der diesjährigen Ausgabe des Stresstests härter gewesen als während der vergangenen Finanzkrise, erklärte die Bank of England.

Fünf der sieben einbezogenen Großbanken haben den Stresstest ohne Weiteres bestanden. Zwei jedoch überschritten bestimmte Warnmarken, die von den Aufsehern gesetzt wurden: Barclays und die verstaatlichte Royal Bank of Scotland. Grund zur Sorge bestehe aber nicht, so die Bank of England.

Beide Banken hätten schon Ende vergangenen Jahres Maßnahmen ergriffen, um ihr Kapital zu stärken, weshalb keine weiteren Schritte notwendig seien, erklärte die Notenbank. Die Faustregel für den Stresstest lautet: Je mehr Kapital Kreditinstitute vorhalten, desto unempfindlicher gegen Schocks sind sie.

Der Stresstest hatte zwar nicht explizit das anstehende Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union zum Thema. Es seien aber wirtschaftliche Risken eingeflossen, die mit dem Brexit in Verbindung stehen könnten, erklärte die Notenbank.

Folge der Finanzkrise

Sie kam zum Fazit: „Das britische Bankensystem könnte die Realwirtschaft während eines ungeordneten Brexit weiterhin unterstützen.“

Im Fokus stehen heuer vor allem die genannte Großbank Barclays, aber auch Lloyds und Standard Chartered. Diese drei Häuser wollen entweder ihre Dividenden erhöhen oder erstmals seit längerer Zeit wieder die Aktionäre direkt am Gewinn beteiligen. Das dürfen sie aber nur, wenn die Notenbank dafür grünes Licht gibt. Die Bank of England hatte den Stresstest vor vier Jahren als Folge der globalen Finanzkrise gestartet und führt ihn seitdem jährlich durch.

2016 noch ohne Brexit

Der 2017er-Stresstest ist dabei der erste, der auch die möglichen Folgen des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union (Brexit) berücksichtigt – wenn auch nicht explizit beinhaltet.

Neben jener der bereits genannten Banken wurde die Krisenfestigkeit der HSBC, des britischen Geschäfts der spanischen Santander sowie des Immobilienfinanzierers Nationwide getestet.

Im vergangenen Jahr wurden zwar die Ergebnisse ebenfalls Ende November – also nach dem Brexit-Votum – veröffentlicht. Die Rahmenbedingungen wurden allerdings schon im Frühjahr, also vor der Abstimmung im Juni, festgezurrt. 2016 fiel die verstaatlichte Royal Bank of Scotland als einziges Haus durch und musste das Kapital aufbessern.

Probleme hatten auch Barclays und Standard Chartered, die sich in diesem Fall aber kein frisches Geld besorgen mussten. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2017)

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