Der erstarkte Euro wird zur Belastung

EZB bei Nacht
EZB bei NachtAPA/dpa/Boris Roessler
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Die Aufwertung der Gemeinschaftswährung hat nicht nur europäische Ursachen. Sie liegt auch am schwachen Dollar.

So hatte sich die Europäische Zentralbank (EZB) das nicht vorgestellt. Der Euro werde in den Jahren 2018 bis 2020 bei 1,17 US-Dollar liegen, hatte sie in ihren Dezember-Wirtschaftsprognosen kundgetan. Zumindest aktuell hält sich die Gemeinschaftswährung nicht daran. Schon Ende Dezember ist sie über 1,20 Dollar geklettert, zur Mitte dieser Woche gar auf bis zu 1,2323 Dollar. So viel kostete sie zuletzt im Dezember 2014. Binnen eines Jahres verteuerte sie sich um 15 Prozent.

Umgehend intervenierten EZB-Vertreter vorige Woche verbal, erreichten aber nur eine marginale Schwächung des Euro. Von Besorgnis über „plötzliche Bewegungen, die keine Veränderungen in den Fundamentaldaten widerspiegeln“, sprach EZB-Vizepräsident Vitor Consţâncio. Von einer „Quelle der Unsicherheit, die es wegen ihrer möglichen dämpfenden Effekte auf die Importpreise zu beobachten gilt“, sprach Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau. Die Sorge spiegelte sich auch auf dem europäischen Aktienmarkt, da vor allem die exportorientierten Firmen durch den teureren Euro belastet werden. Als Folge befürchtet die EZB, dass die Erschwernis beim Export die Konjunktur und die Inflationsentwicklung dämpfen würde.

Dabei war die EZB selbst ein Treiber für den Euro gewesen. Konkret war es das Protokoll der EZB-Ratssitzung im Dezember, das vorvorige Woche bekannt wurde und vom Markt stärker als erwartet als Signal für eine schnellere Straffung der Geldpolitik aufgefasst wurde. Die Gemeinschaftswährung wird aber nicht allein wegen ihrer angeblichen Stärke aufgewertet, sondern auch aufgrund der Schwäche des Dollars. Die Commerzbank hält letzteres sogar für „den entscheidenden Treiber“. Der Dollar schwächelt, weil der US-Zinserhöhungszyklus schon eingepreist ist und Skepsis besteht, dass die US-Steuerreform mehr Wachstum und Inflation bringt. Ob sich also der Euro über 1,20 Dollar hält, hängt laut Commerzbank „vor allem davon ab, ob diese (Dollar)Schwäche anhält oder nicht. Denn auf der Euro-Seite sehen wir das weitere Aufwertungspotenzial als begrenzt an.“

Wie die EZB weiter vorgeht, wird sich möglicherweise schon auf ihrer Ratssitzung in der kommenden Woche zeigen. Vorerst werde sie wahrscheinlich an ihrer ultralockeren Ausrichtung ohne Abstriche festhalten, sagten dieser Tage drei mit der Situation vertraute Personen zu Reuters: Erst auf der Ratssitzung am 8. März werde sie Änderungen an ihrer Kommunikation vornehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2018)

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