EU zwingt Volksbanken zur Geldflut

Wohin mit all der Liquidität? Die Volksbanken schwimmen derzeit im Geld.
Wohin mit all der Liquidität? Die Volksbanken schwimmen derzeit im Geld.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Banken müssen laut EU-Vorschriften genügend Verbindlichkeiten haben, die im Fall einer Krise geschnitten werden können. Die Volksbank weiß kaum mehr, was sie mit dem Geld tun soll.

Wien. Die Bankenpleiten-Vorschriften der Europäischen Union zwingen die heimischen Volksbanken dazu, den Kredithahn weit aufzudrehen. Das weckt zunehmend Erinnerungen an jene Strategie, die die Volksbanken-Gruppe vor ein paar Jahren beinahe zum Kollaps gebracht hätte.

So verlangt die EU, dass die Banken ausreichende Verbindlichkeiten in ihren Büchern haben, die im Fall einer Krise geschnitten werden können. Damit würden eventuelle Verluste absorbiert, sodass die Kosten für die Restrukturierung und Refinanzierung gedeckt sind. Dadurch soll eine solche massive staatliche Rettungsaktion vermieden werden, wie sie 2012 die Volksbanken am Leben erhalten hat.

Die Bank braucht Geld nicht

Um dies zu erfüllen, werden die Volksbanken letztlich Papiere im Volumen von fast 1,5 Milliarden Euro begeben, die sie nicht wirklich brauchen, sodass sie in Bargeld schwimmen, das eingesetzt werden muss.

„Wir brauchen es nicht für die Liquidität, weil wir genug Kundeneinlagen haben. Wir müssen diese Emissionen nur für die Erfüllung der Kennzahlen machen“, sagt Gerald Fleischmann, Generaldirektor der als Spitzeninstitut des Volksbankensektors agierenden Volksbank Wien. „Wir brauchen es, um die Bilanz aufzufüllen – mit allen Schwierigkeiten, die wir mit der Frage haben, was wir dann mit der Liquidität tun.“

Die Gruppe, die von Fleischmanns Bank in Wien geführt wird, hat im vergangenen Jahr 400 Millionen Euro über sogenannte Tier2-Anleihen in ihrer ersten unbesicherten Emission aufgenommen, seit sie die Krise hinter sich gelassen hat. Und sie wird dies noch durch eine Emission von bis zu einer Milliarde Euro an nicht bevorrechtigten, vorrangigen Anleihen ergänzen, so Fleischmann. Die aggressive Kreditvergabe während einer unglückseligen Expansion in Osteuropa trug zum Beinahezusammenbruch der Volksbanken bei. Aber diesmal werde es anders sein, sagt Fleischmann. Er strebt ein jährliches Kreditwachstum von fünf bis zehn Prozent an, hauptsächlich in Hypotheken, Verbraucher- und Kleinunternehmenkrediten. Aufgrund der weiterhin geltenden Vorschriften für EU-Staatshilfen kann er keine anderen Banken kaufen oder sich außerhalb von Österreich vorwagen.

„Unsere Strategie ist, bei österreichischen Privatkunden und KMU mit niedrigen Kosten niedriges Risiko zu haben“, sagte er. „Wir wollen als langweilige Bank wahrgenommen werden.

Harte Restrukturierung

Im Zuge der Umstrukturierung der Volksbanken hat sie eine Bad Bank für toxische Vermögenswerte ausgegliedert und musste sich an einen sehr engen Kapitalplan halten, der mit der Europäischen Zentralbank für das überlebende Geschäft vereinbart wurde. Durch Fusionen wurde wiederum die Anzahl der Gruppenmitglieder von mehr als 50 Kreditinstituten auf neun verringert. Das kostete mehr als 100 Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ihre Posten.

Des Weiteren müssen die Volksbanken bis Ende 2023 der österreichischen Regierung 230 Millionen Euro an staatlichen Beihilfen zurückzahlen, wobei der größte Teil Ende 2021 fällig ist. Um diese Mittel über einbehaltene Gewinne zu beschaffen, muss das Kosten-Ertrags-Verhältnis der Bank von 80 Prozent auf 60 Prozent sinken.

Um die Rückzahlung zu beschleunigen, könnte die Bank auch einen Börsengang im Jahr 2020 erwägen. Das ist derzeit aber nicht das Basis-Szenario, und es wurden daher bisher auch keinerlei spezifischen Vorbereitungen dafür getroffen. (Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2018)

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