Devisen: Steckt die Türkei andere Märkte an?

(c) REUTERS (MURAD SEZER)
  • Drucken

Der Kursverfall der Lira setzt auch die Währungen anderer Schwellenländer unter Druck. Investoren legen ihr Geld nämlich lieber risikolos an.

Wien. Die Teilnehmer auf den Finanzmärkten sind meist schnelle Spieler. Läuft eine Entwicklung aus dem Ruder, reagieren sie umgehend – sofern sie es können. So verhält es sich auch dieser Tage. Die politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen in der Türkei und der damit einhergehende Verfall der Landeswährung setzen derzeit nämlich auch andere Währungen unter Druck. Es sind „keine guten Nachrichten für Schwellenländer“, sagt dazu Andrew Kenningham vom Research-Haus Capital Economics.

Der südafrikanische Rand, die Indische Rupie oder der Russische Rubel fielen am Montag auf mehrjährige Tiefstände. Warum? Weil Anleger die Sorge haben, dass die Türkei einen Flächenbrand auslösen könnte. So sank der Rand etwa auf den Stand von Mitte 2016, die Rupie fiel gar auf ein Rekordtief, während der Rubel gegenüber dem Dollar teils so niedrig gehandelt wurde wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr.

Die Schwellenländerwährungen befinden sich bereits seit Längerem in einer Schwächephase – was einerseits dem starken Dollar geschuldet ist und andererseits auch politische Ursachen hat. Zwar gehen Analysten derzeit nicht davon aus, dass es zu gravierenden Problemen in den Schwellenländern kommen wird. Denn die „Krise in der Türkei ist hausgemacht“, wie es die Analysten der Commerzbank formulieren. Und: „Länder mit vernünftigerer Geldpolitik sollten eigentlich robuster dastehen.“ Dennoch befinden sich die Investoren derzeit in einem Rückzugsgefecht, weil sie Geld andernorts weitaus risikoloser verdienen können.

Hohe Zinsen, starker Dollar

Zum Beispiel in den USA. Dort erhöht die US-Notenbank Fed den Leitzinssatz sukzessive seit dem Jahr 2015. Die Inflation befindet sich auf dem höchsten Stand seit sieben Jahren, und die Arbeitslosigkeit ist so gering wie in den vergangenen vier Jahrzehnten nicht. Das macht die USA als Anlageort attraktiv. Für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren bekommen Anleger derzeit rund 2,9 Prozent. Das ist ziemlich viel, wenn man bedenkt, dass ein Investment in den USA als sicher gilt. Dass die weltgrößte Volkswirtschaft pleitegeht, ist eher unwahrscheinlich (wenngleich die Schulden durchaus hoch sind). Indische oder russische Papiere gleicher Laufzeit in lokaler Währung werfen zwar teils dreimal so viel ab. Doch wird das politische und wirtschaftliche Risiko in diesen Staaten auch höher eingeschätzt. Steigende Zinsen in den USA (und damit ein starker Dollar) führten in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass Investoren Kapital aus den Emerging Markets abzogen, was den Dollar nur noch stärker machte. Krisen wie jene in der Türkei beschleunigen eine solche Entwicklung meist.

Zu einem Problem wird das dann, wenn Staaten stark in Fremdwährungen verschuldet sind, was laut JP Morgan Asset Management nun vor allem auf die Türkei und Argentinien zutrifft. „Beide Länder haben mittlerweile eine hohe Auslandsverschuldung angehäuft und verfügen zudem über ein hohes Leistungsbilanzdefizit“, schreibt Kapitalmarktstratege Tilmann Galler in einem Marktkommentar. In Asien stünden die Volkswirtschaften hinsichtlich externer Risken jedoch überwiegend gut da. „Auch wenn die Risken in den Emerging Markets sehr ungleich verteilt sind, bleibt festzuhalten, dass sich die Leistungsbilanzen der Schwellenländer insgesamt gesehen in den vergangenen Jahren stetig verbessert haben“, sagt Galler. Eine Zahlungsbilanzkrise drohe demnach nur wenigen Ländern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.