Chiphersteller in der Zwickmühle

Die Entwicklung immer leistungsfähigerer Chips kostet die Branche viel Geld.
Die Entwicklung immer leistungsfähigerer Chips kostet die Branche viel Geld.(c) REUTERS (Kim Hong-Ji)
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Die Nachfrage nach Halbleiterprodukten wächst stark. Doch der Wettbewerbskampf in der Branche ist hart, Investitionen werden immer teurer, die Politik mischt kräftig mit.

Würde Samsung nur Smartphones produzieren, sähe es nicht so gut für das südkoreanische Unternehmen aus. Denn der Betriebsgewinn im Smartphonegeschäft brach im zweiten Quartal um 34 Prozent ein. Zum Glück erzielt das Unternehmen den Löwenanteil seines Gewinns mit Speicherchips. Da diese Sparte um 45 Prozent zulegte, kletterte der Betriebsgewinn insgesamt um sechs Prozent auf umgerechnet elf Milliarden Euro. Die Nachfrage kam von Betreibern von Rechenzentren und Schürfern von Kryptowährungen.

Der Verbreitung von Bitcoin und Co., dem Internet der Dinge sowie dem Bedarf von Gamern nach leistungsstarken Rechnern verdankt auch die Aktie des Konkurrenten Nvidia ihren Höhenflug: Das Papier hat sich seit fünf Jahren versechzehnfacht und war damit eine der ertragreichsten Aktien der jüngsten Zeit. Zuletzt ist der Umsatz mit Chips für die Krypto-Industrie aber eingebrochen. Dennoch: Der 32 Mitglieder umfassende Bloomberg World Semiconductor Index hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht.

Laut dem Onlineportal Statista hat die Halbleiterindustrie im Vorjahr umgerechnet 412 Milliarden Dollar umgesetzt. Das ist ein neuer Rekord und lag zudem um 21 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Nachfrage nach schnelleren und leistungsfähigeren Chips wächst so stark, dass die Branche mit dem Errichten neuer Fabriken kaum nachkommt. Doch haben Analysten von Morgan Stanley kürzlich vor „zyklischen Risken“ für die Halbleiterindustrie gewarnt. Sprich: Das starke Wachstum könnte sich abschwächen.


Preise auf dem Höhepunkt. Zwar dürfte die Nachfrage nach Speicherchips noch weiter ansteigen, doch auch das Angebot wächst und mit ihm der Preisdruck. Die Folge ist, dass die Preise für die in Mobilgeräten genutzten NAND-Speicher bereits zurückgegangenen sind; ähnlich könnte es auch den DRAM-Chips ergehen, die vor allem in Servern Verwendung finden. Die Entwicklung noch besserer, noch leistungsstärkerer Chips, mit denen man sich von der Konkurrenz abheben kann, kostet wiederum viel Geld. 70 Milliarden Dollar will die Branche laut Statista heuer investieren.

Übernahmen und Fusionen könnten ein wenig Abhilfe schaffen, doch einige Übernahmebemühungen in den vergangenen Monaten sind nicht zuletzt an der Politik gescheitert: So ließ der US-Chipkonzern Qualcomm das rund 44 Mrd. Dollar schwere Übernahmeangebot für das niederländische Halbleiter-Unternehmen NXP fallen. Chinesische Wettbewerbsbehörden wollten kein grünes Licht geben. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump die Übernahme von Qualcomm durch den in Singapur ansässigen Halbleiterkonzern Broadcom aus Gründen der nationalen Sicherheit platzen lassen. Es wäre mit 117 Mrd. Dollar der teuerste Zukauf aller Zeiten gewesen.

Die Qualcomm-Aktie hat sich in den vergangenen Monaten ein wenig erholt, befindet sich aber in einer mehrjährigen Schwächephase. Ein Grund heißt Apple. Die starke Abhängigkeit vom iPhone-Hersteller macht vielen Firmen zu schaffen. Die Sorge, dass der billionenschwere Konzern über kurz oder lang selbst Speicherchips herstellen könnte, setzt etwa dem Aktienkurs des TecDAX–Werts Dialog Semiconductor zu. Qualcomm befindet sich im Dauerclinch mit Apple um Lizenzgebühren. Zudem war Qualcomm ins Visier der EU-Wettbewerbshüter geraten, weil es Apple Preisnachlässe gewährt hatte, damit dieses die Konkurrenz nicht zum Zug kommen lasse.


Sicherheitslücken. Intel leidet hingegen unter der schwindenden PC-Nachfrage. Zudem wurden im Design von Intel-Prozessoren potenzielle Sicherheitslücken entdeckt. Und dieser Tage belastete eine Studie von Goldman Sachs den Intel-Kurs: Technische Probleme bei der Massenfertigung von 10-Nanometer-Prozessoren könnten sich negativ auf die Marktposition von Intel auswirken. Immerhin: Die Verzögerungen bei neuen Produkten dürften dem Konkurrenten AMD nützen, seinen Marktanteil auszubauen. Der AMD-Aktie erging es zuletzt recht gut. Mit einem Plus von 92 Prozent seit Jahresbeginn ist sie der stärkste Wert im Branchenindex, gefolgt von Nvidia (27 Prozent) und Qorvo (22 Prozent).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2018)

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