Zinsanstieg verteuert frisches Geld

Auch Heineken nützte die Gelegenheit, sich billig zu refinanzieren.
Auch Heineken nützte die Gelegenheit, sich billig zu refinanzieren.(c) REUTERS (ERIC GAILLARD)
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Die Nullzinspolitik in Europa hat Unternehmen viele Jahre ermöglicht, mit billigem Geld teurere alte Bonds zu refinanzieren. Das dürfte sich ändern, wenn die EZB ihre Politik ändert.

Frankfurt/London. Nach einem gigantischen Monat für Anleiheemissionen europäischer Unternehmen mit mehr als 41 Mrd. Euro glauben einige Marktbeobachter, dass solch große Volumina bald der Vergangenheit angehören könnten. Bereits seit einem Jahrzehnt haben Kreditnehmer ihre Zinskosten senken können, indem sie neue Wertpapiere ausgaben, um bestehende Bonds zu refinanzieren. Der Grund dafür: die lockere Geldpolitik der Zentralbanken hat dafür gesorgt, dass die Renditen der Unternehmensanleihen niedriger waren als die Anleihe-Kupons. In den letzten Monaten hat sich dieser Vorteil jedoch reduziert, da die Zentralbanken die Geldpolitik straffen und die Spreads sich ausweiten.

„Die Refinanzierungslücke schrumpft ziemlich schnell“, sagt Greg Venizelos, leitender Kreditstratege bei AXA Investment Managers, der rund 760 Mrd. Euro verwaltet. „Wenn sich die Lücke komplett schließt, wird die Motivation noch geringer, Bonds zu tilgen, und das Angebot könnte sich noch weiter nach unten ausrichten.“

Der jüngste Andrang bei den Emissionen dürfte vom Wunsch der Kreditnehmer getrieben sein, sich attraktive Finanzierungskonditionen zu sichern, bevor die Kosten weiter steigen, sagte Venizelos.

Diese Gelegenheit haben Heineken, Orange und Vodafone sowie hierzulande die CA Immo ergriffen. Der Immo-Konzern hat Mitte September einen Bond über 150 Mio. Euro mit einer Laufzeit von 7,5 Jahren und einem Kupon von 1,875 Prozent begeben. „Mit der Emission der Anleihe nützen wir das positive Marktsentiment, um möglichen Änderungen des Zins- und Marktumfelds frühzeitig entgegenzusteuern“, sagte CA-Immo-Finanzvorstand Hans Volkert Volckens.

Trotz des September-Ansturms hat sich das Emissionsgeschehen heuer verlangsamt. Bis 26. September haben Nichtfinanzunternehmen auf Euro lautende Investment-Grade-Anleihen im Wert von 179 Mrd. Euro begeben. Das ist ein Rückgang um 13 Prozent.

USA gibt den Trend vor

Den Trend gibt der US-Markt vor, in dem die Zinsen bereits gestiegen sind und weiter steigen. Dort wurde die Refinanzierungslücke bereits zu Jahresanfang geschlossen. Dies erklärt, warum viele US-Investment-Grade-Emissionen eher auf die Finanzierung von Fusionen und Käufen abzielen.

In Europa erhöhten sich die Finanzierungskosten mit dem Zinsanstieg und die Kreditspreads wurden größer. Die fünfjährige deutsche Staatsrendite ist im September von minus 0,23 Prozent auf minus 0,07 Prozent gestiegen, Kreditspreads haben sich heuer um fast 30 Basispunkte auf 114 Basispunkte ausgeweitet. Dies hat die Renditen von Euro-Unternehmensbonds auf den höchsten Stand seit Anfang 2016 getrieben, zeigen die Bloomberg Barclays Indizes.

EZB-Präsident Mario Draghi hat durch Äußerungen in der vergangenen Woche den Trend steigender Zinsen befeuert, indem er auf den kräftigen Anstieg der Inflation hinwies. Die EZB fährt im Oktober die Wertpapierkäufe zurück und lässt ihr Anleihekaufprogramm zum Jahresende auslaufen.

Allerdings könnten höhere Zinsen eine Rallye des Euro entfesseln, die das Wirtschaftswachstum untergräbt. Die EZB wird nicht riskieren, die Kreditbedingungen zu erschüttern und ein „Taper Tantrum“, wie 2013 auf den US-Märkten, auszulösen. Damals stießen Investoren hastig Bestände ab, nachdem die Fed angekündigt hatte, dass sie nicht länger Anleihen kaufen würde. Das versuche die EZB zu vermeiden, indem sie deutlich im Voraus kommuniziere, sagt Gilles Pradère, ein Portfoliomanager bei RAM Active Investments. (bloomberg/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2018)

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