Schlechtes Umfeld für Börsenneulinge

Die Rocket-Internet-Tochter Westwing legte keinen guten Börsenstart hin.
Die Rocket-Internet-Tochter Westwing legte keinen guten Börsenstart hin.(c) REUTERS (Dado Ruvic)
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Der Möbelhändler Westwing enttäuschte am ersten Handelstag. Das Umfeld für Börsengänge in Europa gilt derzeit als durchwachsen. Auch wenn die Performance unter dem Strich passt.

Frankfurt/Wien. In der Vorwoche klang alles noch vielversprechend. Weil die Nachfrage nach Aktien des deutschen Online-Möbelhändlers Westwing vor dessen Börsengang so hoch war, wurde kurzerhand beschlossen, die Zeichnungsfrist zu verkürzen. Nicht nur das. Auch der Preis, zu dem die Aktien gekauft werden sollten, wurde nach oben geschraubt.

Doch so rosig die Aussichten auch waren, so bitter gestaltete sich das gestrige Börsendebüt. Das 2011 von der ehemaligen „Elle“-Redakteurin Delia Fischer gegründete Unternehmen verlor im Verlauf seines ersten Handelstages rund 13 Prozent an Wert. Die Papiere rutschten auf rund 23 Euro und damit unter den Ausgabepreis von 26 Euro ab. Westwing gehört zur Welt der Start-up-Schmiede Rocket-Internet und schrieb 2017 einen Verlust von rund 31 Mio. Euro. Auch im ersten Halbjahr 2018 gab es dem Börsenprospekt zufolge noch rote Zahlen.

Sorgen um Brexit und Italien

Das IPO (Initial Public Offering) der Münchner Firma ist das bereits 16. in diesem Jahr für die Frankfurter Börse, am Freitag wagt mit dem Weltmarktführer für Lkw- und Zugbremsen Knorr Bremse ein weiterer Anwärter den Gang aufs Parkett. Das Umfeld für Börsengänge in Europa ist derzeit allerdings nicht gerade das beste. Die Konjunktur zeigt sich weitgehend solide, doch gilt eine Abschwächung 2019 als wahrscheinlich. Über allem schwebt der globale Handelskonflikt, der den Teilnehmern auf den Finanzmärkten seit Monaten Kopfzerbrechen bereitet. Von unklarem Ausgang ist auch der EU-Austritt der Briten. Weder weiß man, wie er sich konkret gestalten wird, noch kann man die Konsequenzen wirklich abschätzen. Die Scharmützel Italiens mit Brüssel rund um dessen Haushaltszahlen sind ebenfalls von Relevanz. Das kann man bereits an den steigenden Anleihenrenditen für italienische Schuldverschreibungen und den sinkenden Aktienkursen in Mailand ablesen.

Und so bleibt auch den neuen Unternehmen an der Börse praktisch nur abzuwarten, wie sich ihre Aktien vor so einem Hintergrund behaupten. „Speziell in Europa hat sich das IPO-Klima zuletzt eingetrübt“, schreiben dazu die Experten von EY in ihrem Ausblick für das dritte Quartal. So gingen heuer zwar 162 Firmen an die Börse, doch entspricht dies einem Rückgang von neun Prozent im Vergleich zu 2017. Auch sank der Emissionserlös um rund ein Viertel auf 25,4 Mrd. Dollar. Während einige Leitindizes in Europa heuer überhaupt nicht vom Fleck kommen – allein das Minus im DAX beläuft sich auf rund sieben Prozent –, konnten zumindest die Papiere der Börsenneulinge zulegen. Die großen Emissionen erzielten seit ihrem ersten Handelstag ein Plus von rund 30 Prozent, so EY. Auch die Nebenwerte waren mit plus 15 Prozent gut unterwegs.

Aston-Martin-IPO missglückte

Vielleicht kann auch Westwing seine Anleger noch überzeugen. Sieht man sich die Performance anderer Rocket-Internet-Firmen an, besteht zumindest Hoffnung. Für die Papiere des Essenslieferanten Delivery Hero ging es seit dem IPO immerhin um rund 30 Prozent nach oben, bei Zalando waren es 50 Prozent. Beim rivalisierenden Möbelhändler Home24 macht das Minus jedoch 20 Prozent aus.

Was es heißt, nicht begehrt zu sein, musste jüngst Aston Martin erfahren. Seine Erstnotiz galt bis zu diesem Tag als die zweitschlechteste in diesem Jahr. Das hatte wohl mit der allgemeinen Lage, aber auch dem Unternehmen selbst zu tun. Dass der Hersteller in seiner 100-jährigen Geschichte sieben Mal insolvent war, könnte wohl auch ein Problem gewesen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2018)

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