ProSiebenSat.1 kürzt Dividende - Aktie im freien Fall

ProSiebenSat.1 nimmt für Nachbesserungen am Programm und den Ausbau seiner Internetportale millionenschwere Belastungen in Kauf. Der Fernsehkonzern RTL Group sieht nach den ersten neun Monaten seine Jahresziele in Reichweite.

Damit mehr Geld für Investitionen übrig ist, wird der an die Aktionäre von ProSiebenSat.1 ausgeschüttete Gewinnanteil auf Dauer drastisch verringert, wie der Fernsehkonzern am Mittwochabend überraschend ankündigte. Zudem seien im laufenden Jahr Abschreibungen von bis zu 400 Millionen Euro auf Programmlizenzen aus den USA nicht ausgeschlossen. Im kommenden Jahr dürften die Investitionen nach Einschätzung des Vorstands das Betriebsergebnis mit rund 50 Millionen Euro belasten.

"Wir stoßen jetzt die notwendigen Veränderungen und Investitionen an, um aus ProSiebenSat.1 ein absolut digitales, diversifiziertes und schnell wachsendes Unternehmen zu machen", erklärte Konzernchef Max Conze nach einer Strategiesitzung des Vorstands. ProSiebenSat.1 werde deutlich mehr in deutschsprachige Filme und Serien investieren, die zu einem großen Teil von der eigenen Tochter Red Arrow produziert werden sollen. Die Internetsparte mit den Portalen Verivox, Parship Elite, Jochen Schweizer und Flaconi solle ihren Umsatz mittelfristig auf zwei Milliarden Euro von zuletzt 800 Millionen Euro steigern.

Damit will der Konzern den Umsatz in den kommenden fünf Jahren auf sechs Milliarden Euro steigern. Davon sollen 50 Prozent statt bisher 30 Prozent im Digitalgeschäft erlöst werden. Ausgangsbasis sei ein Umsatz von vier Milliarden Euro in den zwölf Monaten bis zum gerade abgeschlossenen dritten Quartal, erklärte das Unternehmen. Der Betriebsgewinn (bereinigtes Ebitda) solle entsprechend auf 1,5 Milliarden Euro von zuletzt einer Milliarde Euro steigen.

ProSiebenSat.1 konkretisierte und bestätigte damit seine im vergangenen Jahr ausgegebenen mittelfristigen Ziele. Demnach soll der Umsatz jährlich um einen mittleren einstelligen Prozentsatz wachsen. Davon sollen rund 25 Prozent als Betriebsgewinn (bereinigte Ebitda-Marge) herausspringen.

Um dieses Ziel zu erreichen und den Aktienkurs langfristig wieder in die Höhe zu treiben, setzt ProSiebenSat.1 die bisher mit Dividenden verwöhnten Aktionäre auf Entzug. Künftig würden nur noch 50 Prozent statt bisher 80 bis 90 Prozent des Überschusses ausgeschüttet, kündigte der Vorstand an. Zugleich sei ein Aktienrückkaufprogramm von bis zu 250 Millionen Euro über zwölf bis 24 Monate geplant. Bereits von Freitag an will ProSiebenSat.1 eigene Papiere im Wert von 50 Millionen Euro vom Markt nehmen.

Beim Einkauf verkalkuliert

Zudem räumte ProSiebenSat.1 ein, sich beim Programmeinkauf in den USA erneut verkalkuliert zu haben. Weil US-Serien beim deutschen Publikum durchfielen und sich deshalb die die Werbeblöcke nicht wie erhofft verkaufen ließen, will ProSiebenSat.1 nun mit den US-Studios nachverhandeln. Sollte das scheitern, müsste die Senderkette nach eigenen Angaben im laufenden Jahr bis zu 400 Millionen Euro auf das Material abschreiben. Bereits vor einem Jahr hatte ProSiebenSat.1 auf ähnliche Fehlkäufe 170 Millionen Euro abgeschrieben.

Verhandelt werden soll auch über erweiterte Rechte zur Verbreitung auch im Internet und auf Smartphone-Apps, da ProSiebenSat.1 teilweise nur Lizenzen für das klassische Fernsehen erworben hat. Hoffnung schöpft das Unternehmen aus erfolgreichen Nachverhandlungen mit dem US-Studio Warner Bros., die bereits in einen neuen Rahmenvertrag mündeten.

Im laufenden Jahr wird der Umsatz nach Konzernangaben nicht wie bisher geplant steigen, sondern um einen niedrigen einstelligen Prozentsatz auf rund vier Milliarden Euro sinken. Neben Portfolioveränderungen sei dafür ein unerwartet schwaches organisches Wachstum verantwortlich. Die bereinigte Umsatzrendite solle aber wie geplant im mittleren 20-Prozent-Bereich liegen.

Im dritten Quartal entwickelten sich Umsatz und Ergebnis im Rahmen der Markterwartungen. Die Erlöse stagnierten bei 892 Millionen Euro, der Betriebsgewinn sank um 13 Prozent auf 175 Millionen Euro. Von Reuters befragte Analysten hatten mit einem Umsatz von 895 Millionen Euro und einem Betriebsergebnis von 175 Millionen Euro gerechnet.

Aktien im freien Fall

Anleger von ProSiebenSat.1 haben am Donnerstag die Notbremse gezogen. Die Aktien des Medienkonzerns brachen um bis zu 15,9 Prozent auf ein Sechs-Jahres-Tief von 17,35 Euro ein und waren mit Abstand der größte Verlierer im Nebenwerteindex MDax. "Die Quartalszahlen fielen weitgehend im Rahmen der Erwartungen aus, aber die Kürzung der Dividende und die Prognoseänderung für 2018 sind eine negative Überraschung", schrieb Analyst Christoph Bast von Bankhaus Lampe in einem Kurzkommentar. "Das ist ziemlich enttäuschend", sagte ein Händler. "Warum sollte noch jemand Aktien von ProSieben kaufen?"

Analyst Ian Whittaker vom Brokerhaus Liberum bestätigte sein Aktienrating mit "Hold" und das Kursziel mit 22 Euro. Er verwies gleichzeitig darauf, dass Investoren, die sich bei deutschen Medienaktien engagieren wollten, lieber beim Konkurrenten RTL Group zugreifen sollten. Dessen Aktien gerieten in den ProSieben-Abwärtsstrudel und verloren zeitweise 7,1 Prozent auf ein Rekordtief von 52,20 Euro. 

RTL Group bestätigt Jahresziele

Der europäische Fernsehkonzern RTL Group sieht nach den ersten neun Monaten seine Jahresziele in Reichweite. Das Unternehmen bestätigte am Donnerstag die Erwartung, dass der Umsatz im Gesamtjahr um 2,5 bis fünf Prozent steigen und der Betriebsgewinn ohne Sondereffekte stagnieren werde.

Im dritten Quartal wuchs der Umsatz um 3,6 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro, vor allem dank guter Geschäfte der Produktionstochter Fremantle und der Digitalaktivitäten. Rückläufige Werbeumsätze bei der deutschen Fernsehtochter sorgten allerdings dafür, dass der Betriebsgewinn (Ebitda) um 3,4 Prozent auf 254 Millionen Euro sank.

Gebremst wurde der Ergebnisrückgang durch Ablösegelder, die der Fußballclub Girondins de Bordeaux für den Weggang von Spielern erhalten hatte. Kurz bevor die französischen RTL-Sendertochter M6 den Club an den Finanzinvestor General American Capital Partners verkaufte, war der Stürmer Malcom Filipe Silva de Oliveira zum FC Barcelona gewechselt.

(Reuters)

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