Der deutsche Konzern plant eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung.
Leverkusen. Nach der heftigen Kritik an der Unternehmensspitze bei der Hauptversammlung des deutschen Chemieriesen Bayer samt Nichtentlastung des Vorstands plant das Unternehmen eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung. Diese solle „in zwei bis drei Wochen“ stattfinden, berichtete die „Wirtschaftswoche“ unter Berufung auf Aufsichtsratskreise.
Dabei solle es darum gehen, wie Bayer der Führungs- und Vertrauenskrise Herr werden könne. „Ein Weiter-So kann es nicht geben“, wird ein Kontrolleur im Magazin zitiert. Bayer hat bereits kurz nach der Hauptversammlung erklärt, der Aufsichtsrat werde sich in den kommenden Wochen „weiter intensiv mit den Ergebnissen und Diskussionen während der Hauptversammlung beschäftigen“.
Die Aktionäre von Bayer hatten Konzernchef Werner Baumann in der vergangenen Woche die Entlastung verweigert. Er steht wegen der milliardenschweren Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto in der Kritik. Der Aktienkurs brach ein, weil in den USA Tausende Krebskranke wegen des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat klagen.
Erst am Dienstag bekam die Diskussion um Glyphosat in den USA neuen Zündstoff. Die US-Umweltbehörde EPA betrachtet das Pflanzengift nicht als krebserregend und widerspricht damit mehreren jüngst in den USA gefällten Gerichtsurteilen. „Die EPA sieht weiterhin keine Risken für die öffentliche Gesundheit, wenn Glyphosat entsprechend der aktuellen Anweisungen verwendet wird“, bekräftigte die Behörde frühere Erklärungen.
Nach der Übernahme von Monsanto im Sommer vergangenen Jahres sieht sich der Bayer-Konzern in den USA mit rund 13.400 Klägern konfrontiert, die ihre Krebserkrankung auf das Herbizid zurückführen.
In zwei Fällen wurde das Unternehmen bereits zu millionenschweren Schadenersatzzahlungen verurteilt. Bayer hat zwar Berufung eingelegt oder dies angekündigt, viele Experten gehen aber letzten Endes von einem teuren Vergleich aus. Manche Analysten prognostizieren dafür Kosten von 15 bis 20 Milliarden Euro.
In den USA ist Glyphosat das am häufigsten verwendete Pflanzengift. Bauern versprühen das Mittel auf Feldern mit Sojabohnen oder anderen Früchten, die genetisch so verändert sind, dass sie der für andere Pflanzen tödlichen Wirkung von Glyphosat widerstehen können. Privatleute nutzen das Herbizid auch für den Rasen zu Hause. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2019)