Erdgas: Biegt die „South Stream“ vor Österreich ab?

Angeblich gibt es Streit bei OMV und Gazprom.

Moskau/Wien (est/mac). Wie die russische Zeitung „Kommersant“ berichtet, überlegt der Gaskonzern Gazprom, die geplante „South Stream“-Pipeline in die EU nicht über Österreich, sondern über Slowenien laufen zu lassen. Eine grundsätzliche Übereinkunft hätten die beiden Länder jüngst beim Besuch des Gazprom-Chefs Alexej Miller in Slowenien erzielen können. Bislang sollte die Pipeline russisches Erdgas durch das schwarze Meer über Bulgarien, Serbien, Ungarn und dann von Österreich aus weiter nach Norditalien befördern. Ein zweiter Strang war über Griechenland nach Italien geplant.

Weder mit Österreich noch mit Slowenien ist bis dato eine Vereinbarung über die Teilnahme an „South Stream“ unterzeichnet. Laut der russischen Zeitung „RBK daily“ wäre das Projekt für Slowenien sehr interessant. Das Budget würde durch Transitgebühren gefüllt, die eigenen Gasvolumina wären garantiert und als Teilnehmer des Pipeline-Konsortiums hätte das Land garantierte Gaslieferungen. Seinerzeit, als die Ukraine während des Gasstreits mit Russland Gas abzapfte, hätten gerade Slowenien, Ungarn und die Slowakei um 25 bis 40 Prozent weniger Gas erhalten.

Kooperation in Baumgarten

Hintergrund des Richtungswechsels bei Gazprom sei ein Konflikt um den Gashandel in Österreich, vermuten russische Experten. Bei der OMV zeigte man sich überrascht. Von einem Konflikt sei nichts bekannt. Auch die Pläne bezüglich der „South Stream“ wollte OMV-Sprecher Thomas Huemer auf Anfrage der „Presse“ nicht kommentieren. Er verwies darauf, dass der russische Konzern erst Ende Jänner den Ausbau der österreichischen Gashandelsplattform in Baumgarten mitunterzeichnet habe.

Demnach beteiligt sich Gazprom mit 50 Prozent am „Central European Gas Hub“ und am Bau von unterirdischen Gasspeichern. Damals habe Gazprom auch die nötige Liquidität für den Knoten Baumgarten zugesichert, sagte Huemer. Laut „Kommersant“ ist Gazprom allerdings nicht daran interessiert, Erdgas an Händler zu verkaufen, die Kapazitäten in der Trans-Austria-Gasleitung (TAG) – von Baumgarten nach Italien – erworben hätten. Vielmehr wollten die Russen mehr Gas direkt an die Endverbraucher verkaufen. Schon heute fließt ein Drittel aller russischen Erdgasexporte über Baumgarten.

Die „South Stream“ gilt als Konkurrenz zum EU-Gemeinschaftsprojekt „Nabucco“. Die 3300 Kilometer lange Pipeline soll die Abhängigkeit der EU von russischen Gasimporten verringern. Derzeit kommen 40 Prozent des europäischen Erdgases aus Russland. An möglichen Partnern mangelt es nicht. Auch Polen überlegt derzeit, sich an die Nabucco“-Pipeline anzuhängen. Größtes Problem sind jedoch sichere Lieferanten. Geplant ist es, Gas aus dem kaspischen Raum zu importieren. Doch auch die Russen kämpfen um den europäischen Markt. Gemeinsam mit der italienischen Eni will Gazprom etwa Gas aus Libyen in die EU bringen. Erste Erfolge konnte aber auch „Nabucco“ feiern: Turkmenistan wurde als Gaslieferant gewonnen.
Siehe Artikel Seite 5

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2008)

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