Finanzplätze: Prager Börse soll mindestens 315 Mio. Dollar kosten

(c) EPA (Everett Kennedy Brown)
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Vorstand der Wiener Börse arbeitet intensiv an einem Finanzierungskonzept für Zukauf in Tschechien.

Prag/Wien. Die Wiener Börse wird tief in die Tasche greifen müssen, um beim geplanten Zukauf in Prag zum Zug zu kommen. Die Investmentbank Morgan Stanley beziffert den Wert der Prager Börse auf 315 Mio. bis 590 Mio. US-Dollar. Dabei würde es sich um die größte Akquisition in der Geschichte der Wiener Börse handeln. Zum Vergleich: Für die Übernahme von 81 Prozent an der slowenischen Börse haben die Wiener Mitte Juni kolportierte 47 Mio. Euro ausgegeben.

Viele Interessenten

Die Eigentümer der Prager Handelsplattform – dabei handelt es sich um Finanzinvestoren und tschechische Banken – wollen den Verkauf schnell durchziehen. Laut Prager Finanzkreisen läuft die Frist für die Abgabe von unverbindlichen Angeboten bis Ende August. Danach wird eine Shortlist mit bevorzugten Kandidaten veröffentlicht, die im Rahmen der Unternehmensprüfung Einsicht in die Bilanzen nehmen dürfen.

Noch im Herbst soll der Höchstbieter den Zuschlag bekommen. Die Prager Börse ist heiß begehrt. Neben Wien wollen sich auch die Warschauer Börse, die Deutsche Börse und die skandinavische OMX bewerben.

Seitens der Wiener Börse heißt es, man sei grundsätzlich an einem Zukauf in Tschechien interessiert. Die von der Investmentbank Morgan Stanley genannten Preisvorstellungen seien jedoch „zu hoch gegriffen“. Zu weiteren Details will man sich in Wien nicht äußern.

Dem Vernehmen nach arbeitet der Wiener Börsenvorstand derzeit aber intensiv daran, um ein Finanzierungskonzept für Prag auf die Beine zu stellen. Neben der Aufnahme von Bankenkrediten wird hinter den Kulissen auch die Ausgabe einer Anleihe erwogen.

Eine Kapitalerhöhung durch die jetzigen Eigentümer (Banken und börsenotierten Unternehmen) ist ebenfalls nicht auszuschließen. „Sollten wir in Prag zum Zug kommen, dann ist mittelfristig auch ein Börsegang der Wiener Börse denkbar“, heißt es von der Eigentümerseite.

Für die Wiener Börse ist die Akquisition von großer strategischer Bedeutung. Sie will damit ihre Position in Zentral- und Osteuropa verteidigen. Im Juli wurde die Wiener Börse bei der Marktkapitalisierung erstmals von Warschau überholt. Damals lag der Wert der in Warschau gelisteten Firmen bei 126 Mrd. Euro - um rund neun Mrd. Euro mehr als in Wien.

Aufstocken in Budapest

Die Wiener Börse kauft derzeit in großem Stil zu. Anfang Juni stockte sie die Beteiligung an der Budapester Börse auf 37,7 Prozent auf. „Es laufen gerade Verhandlungen, um die von Erste Bank und Raiffeisen gehaltenen Anteile zu übernehmen“, sagt Börse-Sprecherin Beatrix Exinger der „Presse“. Die Erste Bank hält 12 Prozent an der Budapester Handelsplattform. Raiffeisen gehören über sechs Prozent der Aktien.

Noch offen ist, ob auch die Kontrollbank verkauft. Im besten Fall könnte die Wiener Börse die Beteiligung in Budapest auf 68,8 Prozent ausbauen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2008)

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