Bankgeheimnis: Hochdiskretes Österreich

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Viele Ungarn vertrauen den österreichischen Banken mehr als den eigenen – selbst bei niedrigeren Zinsen.

BUDAPEST/WIEN (p.m.).Die Ungarn hegen eine beträchtliche Abneigung gegen die Banken ihrer Heimat – ob das nun heimische sind oder Töchter ausländischer Gruppen. Das ist nicht nur an der Aufregung abzulesen, die den Kampf um einen „Ethikkodex“ begleitet hat. Noch deutlicher wird das tief verwurzelte Misstrauen angesichts des Zulaufs zur österreichischen Konkurrenz.

Zumindest bevor in Österreich die Anonymität ins Wanken kam – und vor der aktuellen Datenschutzaffäre –, war der Glaube der Magyaren ans Bankensystem der Nachbarn fest verankert. Sie zahlten im Vorjahr 424 Mio. Euro in österreichische Banken ein und waren hinter Deutschen und Italienern die drittgrößte Auslandskundschaft, berichtete am Dienstag die Wirtschaftstageszeitung „Világgazdaság“.

Keine Daten an Steuerbehörde

Diese Österreich-Treue sei damit zu erklären, dass es „einerseits verhältnismäßig gute Zinssätze, andererseits eine aus Kundensicht günstige Regulierung“ gebe. Und die Zeitung erklärt: Die „starke Anziehungskraft von Ersparnissen in Österreich“ bestehe darin, dass die Banken „keinerlei persönliche Daten, Informationen oder Berichte an ausländische Behörden ausliefern“. Vor allem Informationen über die Quellensteuer unterliegen dem Bankgeheimnis – die Steuerbehörde erhält das Geld ohne Hinweis auf die Bankkunden. Wegen dieser Diskretion akzeptierten die Ungarn Zinssätze, die zuweilen sogar unter dem Niveau in ihrer Heimat lägen.

Aber die besseren ungarischen Konditionen gebe es ohnehin nur kurzfristig bei Aktionen, so „Világgazdaság“. Dauerhaft könne, wer in Ungarn in Euro spart, mit Jahreszinsen zwischen 0,7 und 0,8 Prozent rechnen, gegenüber ein bis zwei Prozent in Österreich.

Wenn es nach dem Willen von Ministerpräsident Gordon Bajnai geht, soll das Vertrauen in die ungarischen Banken rasant steigen. Er kann für sich in Anspruch nehmen, den Ethikkodex erzwungen zu haben. Vergangene Woche von 15 der 32 Banken unterschrieben, enthält das Dokument eine ganze Reihe von Widersprüchen.

Die Zeitschrift „Figyelö“ fasste am Dienstag die Einwände von Bankern so zusammen: „Wenn jemand einen Ethikkodex unterschreibt, dann sagt er damit: Bisher war er nicht ethisch, erst ab heute wird er es sein.“ Die Geschäfte viele Banken seien aber auch bisher in Ordnung gewesen. Und: „Die Mitwirkung ist freiwillig, aber wer dagegen verstößt, kann mit zwei Milliarden Forint bestraft werden – wie ist das?“ Wettbewerbsrechtlich sei es bedenklich, dass „ein Dutzend Banken kartellartig etwas vereinbart, während die anderen durch eine schwarze Liste auf der Homepage der Aufsicht ausgeschlossen werden – das kommt einer Kreditschädigung gleich“.

Ethikkodex mit „Blödheiten“

Außerdem enthalte der Text „Blödheiten“. So ist etwa der Vertrag zwischen Kunden und Bank geheim, doch die Aufsicht kann ihn verlangen: „Ist er jetzt geheim oder nicht geheim?“ Die meisten Banker sagten „Figyelö“, Regierung und Finanzmarktaufsicht hätten „in der bankenfeindlichen allgemeinen Stimmung etwas vorweisen müssen“.

Den härtesten Widerstand gegen den Kodex leistet Tibor Szekeres, Chef der Ungarn-Tochter der Axa-Bank. Die Branche sei ausreichend reglementiert, sagte er dem Online-Informationsdienst „Origo“. Wer Konsumenten schädige, sei schon bisher mit Sanktionen belegt worden: „Das Dokument hat kaum einen Sinn.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2009)

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