Kehrtwende nach 130 Jahren: Ein Rausch mit Coca-Cola

APA/AFP/KAREN BLEIER
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Der weltgrößte Softdrinkhersteller bringt erstmals in seiner Geschichte ein alkoholisches Getränk auf den Markt. Denn der Konzern braucht neue Kunden.

Eine historische Kehrtwende, kleinlaut versteckt: In einem Interview auf der firmeneigenen Webseite plauderte der Japan-Länderchef von Coca-Cola so ganz nebenbei aus, dass zu den geplanten Innovationen des heurigen Jahres auch ein Chu-Hi gehört. Für alle, die mit japanischen Trinkgewohnheiten nicht so vertraut sind: Das ist ein alkoholhaltiges Gebräu. Ein Schnaps namens Shochu, destilliert aus Süßkartoffel, Gerste oder Reis, wird mit Wasser gestreckt und allerlei Aromen versüßt. Heraus kommt eine Art Alkopop, besonders beliebt bei Frauen und Jugendlichen. Ein Coke für angehende Säufer also.

Das hebt letzte Gewissheiten aus den Angeln. Seit fast 130 Jahren gibt es Coca-Cola. Seit Generationen steht der Name des amerikanischen Getränkeherstellers für Brauselimonaden. Gut, in letzter Zeit kamen auch Eistee und Mineralwasser dazu. Aber nie und nimmer hätte man den weltgrößten Softdrinkproduzenten mit etwas Promilleträchtigem in Verbindung gebracht. Ein mulmiges Gefühl scheint auch das Marketing des US-Konzerns gehabt haben. Sonst hätte es die bahnbrechende Neuigkeit nicht so diskret platziert, dass sie mehrere Wochen lang niemandem auffiel. Erst heute macht sie die Runde um den Erdball.

Das Original ist am Rückzug

Aber die Manager müssen etwas wagen. Die Umsätze mit dem Originalgetränk gehen zurück. Auch immer neue Varianten von aromatisiertem Zuckerwasser können das Kerngeschäft nicht beleben. Viele junge Menschen scheuen das allzu Süße, wollen gesünder leben. Aber natürlich trinken sie Alkohol, wenn sie am Wochenende ausgehen. In Japan sind die Chu-Hi-Alkopops ein großer und stark wachsender Markt. Die Getränke mit dem Alkoholgehalt von Bier gibt es in zahllosen Geschmacksrichtungen, bis hin zu Joghurt und Basilikum. Da kann Coca-Cola nicht einfach nur zuschauen. Auch wenn das Unternehmen damit ein Tabu bricht.

Der Japan-Verantwortliche Jorge Garduño räumt ein, die Entscheidung sei „einzigartig in unserer Geschichte“ (was genau genommen nicht ganz stimmt: In den 70er-Jahren erwarb der Konzern einige Weinberge in Kalifornien und verkaufte eine Zeitlang Wein in Dosen auf den Flügen von United Airlines). Aber es gehe in Japan doch nur um ein „bescheidenes Experiment“ auf einem ganz speziellen Markt. Dennoch: Der Bann ist gebrochen. Vielleicht kommt bald der Tag, an dem auch wir mit berauschenden Dosendrinks aus dem Hause Coca-Cola anstoßen dürfen. Na dann Prost.

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