Kommunalkredit: Milliardenflop durch „Organversagen“

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Übertriebenen CDS-Spekulationen haben die notverstaatlichte Bank zerstört, sagt ein neues Gutachten, was die Steuerzahler bisher 5,8 Mrd. Euro an Kapitalspritzen, Krediten und Haftungen gekostet habe.

Wien/red/ag. Ein „multiples Organversagen“ attestiert ein neues Gutachten der notverstaatlichten „alten“ Kommunalkredit. Die Bank habe sich mit übertriebenen CDS-Spekulationen übernommen, was die Steuerzahler bisher 5,8 Mrd. Euro an Kapitalspritzen, Krediten und Haftungen gekostet habe.

CDS (Credit Default Swaps) sind hochriskante Instrumente zur „Versicherung“ von Staatsanleihen. „Organe“ der alten Kommunalkredit waren unter anderem Reinhard Platzer und die jetzige SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied (Vorstand) sowie der frühere ÖVAG-Chef Franz Pinkl (Aufsichtsrat). Gegen die Genannten und 15 weitere Personen laufen Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

In der Expertise des Gutachters Gerhard Altenberger, aus dem das Wirtschaftsmagazin „Format“ in seiner aktuellen Ausgabe ausführlich zitiert, werden die CDS-Spekulationen der Bank seit 2003 umfassend dokumentiert. Mit diesen Spekulationen hat die Gemeindefinanzierungsbank Milliarden in den Sand gesetzt.

Die Spekulationen mit den „heißen“ Papieren hatten in der Bank 2003 begonnen – und waren dann rasant ausgeweitet worden. Das CDS-Volumen kletterte von einer Mrd. Euro 2003 auf über zehn Mrd. Euro zur Jahresmitte 2010. Im Gutachten heißt es, dass die Geschäftsausweitung der Kommunalkredit überwiegend auf CDS-Geschäfte zurückzuführen war. Mangels Risikominimierung sei die Kommunalkredit im Bankenvergleich deshalb „signifikant höheren Kreditrisken“ ausgesetzt gewesen.

Wie sorglos mit den hoch spekulativen Papieren umgegangen wurde, zeigt ein Detail: Noch im Jahr 2008, als CDS massiv an Wert zu verlieren begannen, hat die österreichische Bank Neugeschäfte im Nominale von 2,8 Mrd. Euro abgeschlossen.

Als die Pleite der US-Bank Lehman Brothers im Herbst 2008 die Finanzwelt erschütterte, stürzten die CDS-Kurse regelrecht ab: Ende September 2008 war das CDS-Portfolio der Kommunalkredit mit 500 Mio. Euro negativ, einen Monat später waren es schon 1,2 Milliarden. Die Bank war dadurch nicht mehr zahlungsfähig. Weil der damalige Hauptaktionär ÖVAG nicht mehr zahlen wollte, sprang der Staat per Notverstaatlichung ein.
Im Gutachten geht Altenburger nicht auf die Schuldfrage ein, merkt aber unter anderem an, dass Aufsichtsratschef Franz Pinkl für 2008 ein CDS-Neugeschäftsvolumen von 3,2 Mrd. genehmigt hat, obwohl der Marktwert der von der Kommunalkredit gehaltenen CDS Ende 2007 bei minus 19,4 Mio. Euro gelegen ist.

Im Gutachten heißt es weiter, die Bank habe zu „tricksen“ begonnen, als sie mit Nachschusspflichten konfrontiert worden sei. Die Zahlungsverpflichtungen aus diesen Geschäften seien in der Bilanz nicht zur Gänze korrekt ausgewiesen worden. Die unsaubere bilanzielle Darstellung betraf die Bilanzen 2007 und 2008. In diesem Zeitraum sei das Risiko stark ausgeweitet worden, um bilanzielle Verluste wieder wettzumachen. Der Aufsichtsrat sei über die wahre Lage nicht ausreichend informiert worden.

Schmied weiß von nichts

Unterrichtsministerin Claudia Schmied, die in der fraglichen Zeit im Vorstand der Kommunalkredit und im Vorstand der zypriotischen Kommunalkredit-Tochter, über die ein Großteil der Spekulationen lief, saß, gab bei einer Einvernahme durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft an, sie sei mit den CDS-Geschäften im Detail nicht befasst gewesen. „Format“ zitiert aus einem Einvernahmeprotokoll, in dem Schmied angibt, während ihrer Zeit im Vorstand sei über das Wachstum der CDS-Volumina nicht diskutiert worden, Bankchef Reinhard Platzer habe im Treasury den Ton angegeben. Altenberger zitiert dagegen aus dem Protokoll einer Aufsichtsratssitzung aus dem Jahr 2006, in dem Schmied ausdrücklich auf CDS-Geschäfte verweist. Schmied war Finanzchefin der Kommunalkredit, die CDS-Geschäfte fielen damit auch in ihren Zuständigkeitsbereich.

Auf einen Blick

Ein neues Gutachten listet die Spekulationen der notverstaatlichten „alten“ Kommunalkredit mit Credit Default Swaps (CDS) auf und zeigt, wie leichtfertig die biedere österreichische Gemeindefinanzierungsbank in die Spekulationsfalle gelaufen ist. Gegen 18 ehemalige Kommunalkredit-Manager und -Aufsichtsräte, darunter den gesamten Ex-vorstand, ermittelt unterdessen die Staatsanwaltschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2013)

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