Telekom-Prozess: Nur einer zeigt Reue

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Im Verfahren um die Aktien-Affäre bekannte sich lediglich Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer schuldig. Allerdings schränkt Fischer die Höhe der Schadenssumme ein, die der Staatsanwalt nennt.

Wien. „Ich weiß, dass das ein Fehler war. Es tut mir leid.“ Rudolf Fischer ist der einzige, der zugibt, Untreue begangen zu haben. Der 59-jährige Unternehmer – er war zwischen 1998 und 2008 einflussreicher Vorstand der Telekom Austria (TA) – bekennt sich somit schuldig im Sinne der Anklage.

Allerdings schränkt Fischer (verteidigt von Strafrechtsprofessor Wolfgang Brandstetter) deutlich ein: Ja, er habe seine Vorstandsbefugnis missbraucht. Aber keineswegs im Umfang jener Schadenssumme, die der Staatsanwalt nennt: 10,6 Mio. Euro. Lediglich 500.000 Euro Schaden gesteht Fischer zu.

Montag im Straflandesgericht Wien (vulgo Graues Haus): Durch hektisches Gedränge, im grellen Blitzlicht Dutzender Kameras, wälzen sich fünf Angeklagte, flankiert von ihren Verteidigern, in den Verhandlungssaal 203. Es ist der Auftakt eines Prozessreigens, mit dem die Justiz zahlreiche höchst dubiose Zahlungsströme der teilstaatlichen Telekom aufarbeitet. Noch geht es nicht um Parteienfinanzierung. Den Anfang macht die Aktien-Affäre aus dem Jahr 2004.

Kämpfe um den Aktienkurs

95 handverlesene Berechtigte aus dem höheren Management kassierten damals üppige Prämien im Zuge eines sogenannten Mitarbeiter-Aktien-Options-Planes. Insgesamt flossen auf diese Art 8,8 Millionen Euro. Und zwar deshalb, weil die Telekom-Aktie das vorher festgelegte Kursziel von 11,70 Euro pro Aktie erreicht hatte.

Allerdings waren dafür Stützungskäufe von TA-Aktien in großem Stil notwendig. Dies geschah hinter dem Rücken der TA-Kontrollgremien. Als Aktienkäufer trat der nun mitangeklagte Banker Johann Wanovits (54) auf den Plan. Durch sein Eingreifen schaffte es die Aktie, über jenes Niveau zu klettern, das die Auszahlung der versprochenen Prämien bedeutete. Bemerkenswert: Kurz vor den Stichtagen war der Kurs auffällig nach unten gefallen. Die Verteidigung weist auch prompt darauf hin, dass damals gezielte und „aggressive Verkäufe“ von TA-Aktien (diese wurden über die Deutsche Bank abgewickelt) den Kurs nach unten gedrückt hätten.

Wanovits habe nur das „natürliche Niveau“ wiederhergestellt. Jedenfalls agierte der Banker (Euro Invest Bank) zunächst auf eigenes Risiko – und genau dafür ließ er sich eine Belohnung versprechen. Der Angeklagte Fischer erinnert sich nun: „Wir hatten keinen Vertrag mit Wanovits, das war nur eine lose Vereinbarung.“

Kurios: Nunmehr scheint niemand so recht zu wissen, wie hoch die letztlich an Wanovits ergangene Belohnung (Teile davon wurden in Nacht-und-Nebel-Aktionen in bar übergeben) eigentlich war. Staatsanwalt Hannes Wandl spricht von „einer Million Euro, eineinhalb oder zwei Millionen“. Und ergänzt: „Hier scheiden sich die Geister.“ Fischer will sich, vage, aber doch, daran erinnern, „dass eine Ziffer von einer Million Euro im Raum stand“. Eine Teilzahlung von 500.000 Euro habe er selber unterschrieben. Diese Summe sei „in diesen Aufträgen versteckt gewesen“ – gemeint ist: in (Schein-)Aufträgen an die Firma Valora des Lobbyisten Peter Hochegger.

Für weitere Zahlungen an Wanovits aus dem Vermögen der Telekom sei er, Fischer, nicht verantwortlich. Verteidiger Brandstetter erklärt unter Hinweis auf strafrechtliche Kommentare: Die ausbezahlten Prämien aus dem Aktien-Options-Plan könne man nicht als Untreueschaden sehen. Somit hingen am gestrigen Montag mehr als zehn Millionen Euro Schaden in der Luft. Diese Summe setzt sich aus ausbezahlten Prämien an die TA-Manager und der Wanovits-Belohnung (laut Anklageschrift schätzungsweise 1,7 Millionen Euro, bestehend aus Bargeldübergaben und dem Wert von Gegengeschäften via Hochegger) zusammen. Und niemand will für diese Summe verantwortlich sein. Außer Fischer und Wanovits müssen sich die früheren TA-Vorstände Heinz Sundt (65) und Stefano Colombo (51) sowie der einstige Telekom-Prokurist Josef Trimmel (55) verantworten.

Suppe bei Sundt zu dünn?

Belastendes kommt vom früheren TA-Controller Gernot Schieszler. Er ist selbst Beschuldigter, sitzt aber nicht auf der Anklagebank, weil ihn die Staatsanwaltschaft – solange er sich kooperativ zeigt – als Kronzeugen aufbaut.

Bei Sundt könnte – aus Anklagesicht – die Suppe zu dünn sein. Niemand belastet ihn dezidiert. Genau darauf setzt sein Anwalt Martin Nemec: „Mein Mandant war sechs Jahre Generaldirektor der Telekom.“ Sundt sei „erfahren und honorig“. Und – im besten Sinne – eben ahnungslos. „Befugnismissbrauch kann ich nur begehen, wenn ich Kenntnis von den Umständen habe.“ Damit meint Nemec Kursmanipulationen. Davon habe Sundt nichts mitbekommen. Im Gegenteil: „Mein Mandant war am Schluss überrascht, dass der Kurs nach oben ging.“ Heute, Dienstag, wird der Prozess fortgesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2013)

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