Österreich: Jeder ist mit 23.017 Euro verschuldet

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Seit Gründung der Bundesfinanzierungsagentur im Jahr 1993 sind die Schulden des Bundes von 80,5 Mrd. Euro auf 193,3 Mrd. Euro gestiegen. Das ist nur die Spitze des Eisberges.

Die Marktfrau

Wien. Die Finanzschuld des Bundes lag Ende 2013 bei 193,9 Milliarden Euro. Das ist um 4,4 Milliarden Euro mehr als Ende 2012. Das bedeutet, dass jeder Österreicher – vom Baby bis zum Greis – mit 23.017 Euro verschuldet ist. Auch heuer dürften wieder einige Milliarden hinzukommen. Die Details dazu will Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) am 29. April 2014 bei der Budgetrede bekannt geben. Doch Martha Oberndorfer, Chefin der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA), sagte am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten, dass heuer bei der Schuldenaufnahme erneut ein Gesamtvolumen von 28 bis 30 Milliarden Euro geplant sei. Gleichzeitig laufen alte Staatsanleihen im Volumen von 24 Milliarden Euro aus.

Somit könnte die Finanzschuld des Bundes im laufenden Jahr um vier bis sechs Milliarden Euro steigen. Für genaue Zahlen verweist Oberndorfer auf das Finanzministerium. Denn zwischen der Agentur und dem Ministerium gibt es eine klare Trennung. Für das Budget ist Finanzminister Spindelegger verantwortlich. Anschließend wird im Nationalrat beschlossen, wie viel zu finanzieren ist. „Ich bin die Marktfrau“, sagt Oberndorfer. Sie sorgt dafür, dass der Bund an den Finanzmärkten die notwendigen Beträge erhält.

Martha Oberndorfer ist seit Februar 2008 Chefin der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur. „Ich bin die Marktfrau“, sagt die Managerin. Für das Budget ist das Finanzministerium verantwortlich. Dann wird im Parlament beschlossen, wie viel zu finanzieren ist. Aufgabe der Agentur ist es, dafür zu sorgen, dass der Bund an den Finanzmärkten die notwendigen Milliarden erhält.

7,5 Mrd. Euro an Zinsen

Interessant ist ein langfristiger Vergleich. Im Jahr 1993, als die Finanzierungsagentur ÖBFA gegründet wurde, lag der Schuldenstand des Bundes bei 80,5 Milliarden Euro. In den vergangenen 20 Jahren ist das Volumen auf 193,9 Milliarden Euro explodiert. Allein für das Vorjahr musste Österreich laut Oberndorfer an die Gläubiger 7,5 Milliarden Euro an Zinsen zahlen. Für 2014 erwarten Analysten einen ähnlich hohen Betrag.

Das ist deutlich mehr, als Österreich beispielsweise pro Jahr für Universitäten ausgibt (4,6 Milliarden Euro).
Die 193,9 Milliarden Euro beim Bund sind nur die Spitze des Eisberges. Denn es kommen noch die Schulden der Länder, der Gemeinden und der Sozialversicherungsträger hinzu. Zudem wurden Verbindlichkeiten ausgelagert. Nicht zu vergessen ist die Hypo Alpe Adria. Bis Ende März 2014 soll feststehen, ob Assets der Bank von 18 Milliarden Euro in eine Abbaugesellschaft ausgelagert werden. Falls sich die anderen österreichischen Banken nicht an dieser Gesellschaft beteiligen, dürften die Staatsschulden mit einem Schlag um den genannten Betrag steigen.

Das Finanzministerium hat keine vollständigen Daten über die Höhe der Schulden der ausgegliederten Einheiten von Bund und Ländern. Rechnet man alle Verbindlichkeiten zusammen, dürften die Staatsschulden bei 90 bis 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Das wären bis zu 300 Milliarden Euro.

Rund 30 Prozent der von der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur verkauften Staatsanleihen liegen bei inländischen Investoren, hauptsächlich bei Versicherungen, Pensionskassen und Fonds. Der Anteil von privaten Investoren ist mit zwei Prozent gering. 87 Prozent der an das Ausland verkauften Staatsanleihen gehen nach Europa, meist nach Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Nur jeweils fünf Prozent werden von Investoren in Asien und den USA erworben.

Geld an Ratingagenturen

Österreich zählt zu den Krisengewinnern, denn die Zinsen für Staatsanleihen sind zuletzt gefallen. Am Montag lagen die Renditen für zehnjährige österreichische Staatsanleihen bei 2,172 Prozent. Höher sind die Renditen für Anleihen aus Frankreich (2,47 Prozent), Großbritannien (2,8 Prozent) und Spanien (3,8 Prozent). Niedrigere Renditen gibt es für Staatsanleihen aus Deutschland (1,8 Prozent) und der Schweiz (1,18 Prozent).

Pro Jahr zahlt die Bundesfinanzierungsagentur 400.000 bis 500.000 Euro an Ratingagenturen, damit diese die Bonität Österreichs bewerten. Andere Länder haben die Zahlungen eingestellt. Oberndorfer dazu: „Wir schauen uns an, wie der Markt sich entwickelt, und schließen uns dann dem an, was die großen Staaten machen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2014)

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