Scharia-konforme Bank-Produkte: "Islamic Banking" bald in Österreich?

(c) AP (Farzana Wahidy)
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Bis 2011 werden rund 500.000 Muslime in Österreich leben. 70 Prozent davon werden als potenzielle Kunden für Scharia-konforme Finanzgeschäfte eingestuft.

Scharia-konforme Bankgeschäfte

In Österreich leben 400.000 Muslime, bis 2011 sollen es 500.000 sein. Österreichische Muslime verfügen über ein jährliches Haushaltseinkommen von 23.000 Euro - um 5.000 Euro weniger als der durchschnittliche österreichische Haushalt. Die Sparquote unter den Muslimen beträgt allerdings 20 Prozent und ist damit doppelt so hoch wie bei den Österreichern. "Die hohe Sparquote und die junge Altersstruktur machen die Zielgruppe für die Banken besonders attraktiv", betonte Daniela Chikova von Unternehmensberater A.T. Kearney. Das islamische Recht, die Scharia, verbietet Zinsgeschäfte. "Riba", das Zinsverbot, beruht auf dem moralischen Prinzip, sich nicht an jenen zu bereichern, die gezwungen sind, sich Geld auszuleihen. Investitionen in Geschäfte mit Alkohol, Prostitution und Pornografie sind ebenso verboten wie Sparbücher, Spekulationen und Kreditgeschäfte. Die Anlage in Aktien und Fonds ist beliebt - der Koran erlaubt alle Erträge, die auf Handel oder Investition in ein bestimmtes Produkt basieren.

Noch ist Islamic Banking selbst in arabischen Ländern ein Nischenprodukt. Der Anteil von Islamic Banking am Banken-System liegt etwa in den arabischen Golfstaaten zwischen 10 und 20 Prozent. Die Zukunft könnte aber anders aussehen. Die Wachstumsraten liegen zwischen 15 und 20 Prozent pro Jahr, sagte Alexander von Pock, Islamexperte der Unternehmensberater A.T. Kearney, am Freitag in Wien.

Großbritannien mit 1,5 Mio. Muslimen ist in Sachen Islamic Banking klarer Vorreiter in Europa. Neben der Islamic Bank of Britain haben sich auch Lloyds und HSBC Amanah erfolgreich etabliert. Allein die Islamic Bank of Britain hat vergangenes Jahr 30.000 Kunden und Anlagen im Wert von 84 Mio. Pfund betreut.

"Ethno Banking" am Vormarsch 

In Deutschland wächst der Bereich "Ethno Banking" stark. "Deutsche Bank"-Tochter Bankamiz bietet spezielle Produkte für türkisch sprechende Kunden an. Bankamiz ist bereits an 26 Standorten in Deutschland vertreten. "Ethno Banking ist der erste Schritt, Islamic Banking der zweite Schritt. Islamic Banking wird für deutsche Banken zunehmend zu einem ernsten Thema", urteilte von Pock.

"Ethno Banking" ist auch in Österreich am Vormarsch. Bereits jetzt bieten einige Banken in Österreich maßgeschneiderte Produkte für ethnische Minderheiten an. Die türkische Vafik Bank betreut türkische Exporteure bei Außenhandelsgeschäften und die Zveva Bank kümmert sich um slowenische Kunden.

Große Chancen für Österreichs Banken 

Islamic Banking bietet Österreichs Banken große Chancen. "Gerade Scharia-konforme Girokonten, Hypotheken, Fonds und Autofinanzierungen könnten das Marktwachstum der Banken beleben", so Chikova. Dazu müssen aber gesetzliche Hürden beseitigt werden, um das Anfallen doppelter Gebühren zu vermeiden.

Kooperationen könnten österreichischen Banken den Einstieg ins Islamic Banking erleichtern: "So kann sich etwa die konventionelle Bank auf das Marketing konzentrieren, während die islamische Bank die Scharia-konforme Produkt-Entwicklung übernimmt", meinte Chikova.

Vor allem für in Osteuropa aktive Banken wie Raiffeisen und Erste Bank würden sich große Chancen eröffnen, urteilt A.T. Kearney. Bosnien-Herzegowina, Albanien und Bulgarien und auch Russland haben einen großen Anteil an muslimischer Bevölkerung.

Kritik an "Islamic Banking" 

Die islamischen Banker beweisen einige Raffinesse, wenn es darum geht Beschränkungen, die ihnen die Scharia, auferlegt zu umgehen. Das hat Islamic Banking auch Kritik eingebracht. Rechtskniffe stehen an der Tagesordnung, um das Zinsverbot zu umgehen. "Tawaruk" heißt die Zauberformel, die aus einem zinspflichtigen Darlehen ein religiös einwandfreies Darlehen macht. Ein Beispiel: Ein Autokauf auf Abzahlung ist z.B. wegen der Zinszahlungen verboten. Folglich bietet die Bank einen Scharia-konformen "Ijara", einen Leasingvertrag, an. Statt den Kredit zu verzinsen, hebt die Bank eine Gebühr ein, deren Höhe sich nach dem internationalen Referenz-Zinssatz Libor richtet.

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