Staatsfonds: China startet Einkaufstour

(c) AP (Pang Xinglei)
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58 Milliarden Euro werden ab September in westliche Unternehmen gesteckt.

Peking (cjd/Bloomberg). Die chinesische Regierung verfügt über gigantische Summen aus Währungsreserven. Täglich schaufeln Chinas boomende Exporte rund eine Mrd. Euro in die Kassen der Notenbank. Diese Mittel sollen jetzt renditeträchtig im Westen investiert werden. Ein staatlicher Fonds wird dazu noch im September seine Aktivitäten aufnehmen, wie am Mittwoch bestätigt wurde.

Dotiert ist der Fonds zunächst mit 600 Mrd. Yuan. Umgerechnet also etwa 58 Mrd. Euro, die China nun in europäische und amerikanische Aktienwerte investieren wird. Damit könnte China – rein theoretisch gesehen – in etwa die Hälfte der im österreichischen Aktienindex ATX versammelten Spitzenunternehmen des Landes übernehmen.

In einer ersten Tranche, versteht sich. Denn ein Ausbau der Fonds-Aktivitäten ist bereits eingeplant.

Ähnliche Vehikel der Vereinigten Arabischen Emirate, Saudiarabiens oder Russlands hatten erst jüngst für Aufregung gesorgt. Der Vorwurf des Westens: Über staatliche Fonds würde versucht, den Einfluss auf die amerikanische und europäische Wirtschaft zu erhöhen. Die Welt könnte also bald „das fesselnde Schauspiel beobachten, dass ihre größten Unternehmen von Regierungen besessen werden, deren Glaube an den Kapitalismus oft unvollständig ist“, formulierte das der britische „Economist“ vor kurzem.

Verbot per Gesetz

Einige EU-Regierungen denken bereits über gesetzliche Maßnahmen zur Beschränkung der Offensive aus dem Mittleren und Fernen Osten nach. Darunter auch Österreich. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) erwägt die Errichtung einer Schutzkommission. Sie soll unliebsame staatlich Investoren abwehren. „Wenn sich ein chinesischer Fonds an der Rendite orientiert, ist das in Ordnung. Politischen Investments müssen wir aber einen Riegel vorschieben“, so der Minister. Die Ängste Europas sind freilich nicht ganz unbegründet. So wird nicht zuletzt befürchtet, dass mühsam privatisierte Unternehmen nun durch die Hintertür von China reverstaatlicht werden.

Paradox an der momentanen Situation scheint allerdings die Herkunft der Fonds-Mittel: Währungsreserven, lukriert durch die boomenden Ausfuhren der chinesischen Wirtschaft in den Westen, haben China mit ausreichend „Munition“ für Zukäufe versorgt.

Mit jährlichen Wachstumsraten jenseits der zehn Prozent steht die chinesische Wirtschaft an der Spitze der internationalen Ranglisten. Der überproportionale Anstieg chinesischer Exporte spülte im vergangenen Jahr Währungsreserven von rund 1,33 Bill. Dollar in Chinas Kassen. Bisher waren diese Mittel vornehmlich in amerikanischen Staatsanleihen investiert. Volkswirte sprechen daher von China als „Financier“ des US-Außenhandels-Defizits.

Das könnte sich jetzt ändern. Denn dem Wunsch nach höheren Renditen können Staatsanleihen nur schwer Rechnung tragen. Auf Raten soll so eine Umschichtung der Investitionen in ertragreichere Veranlagungen erfolgen.

Inoffizieller Start bereits erfolgt

In einem ersten Schritt hatte ein Unternehmen im Auftrag des Staatsfonds im Mai Aktien im Wert von drei Mrd. Dollar gekauft. An der in New York ansässigen Private-Equity-Gesellschaft Blackstone. Vorerst keine gute Investition, die Aktien von Blackstone haben seit dem Börsestart im Juni rund 20 Prozent ihres Werts eingebüßt. Das bringt den Fonds-Plänen auch Kritik aus eigener Reihe: „Es ist eine schwierige Zeit, jetzt mit Investments in europäische und US-Aktienwerte zu beginnen“, meint Wang Zheng, Asset Manager bei Everbright Securities Co. Es fehle an Erfahrung im Umgang mit internationalen Werten.

Mit der Platzierung der Sonder-Emission will die chinesische Notenbank dem Markt auch Liquidität entziehen. Im Juli war die Inflation auf 5,6 Prozent gestiegen. Und erreichte ein Zehn-Jahres-Hoch. „Diese Anleihe wird als Instrument bei den Offenmarktoperationen der Zentralbank eingesetzt“, sagte Su Ning, Gouverneur-Stellvertreter der Bank of China.

UNLIEBSAME Fonds

Staatsfonds haben jüngst für Aufregung in der EU gesorgt. Notfalls will man sich gegen Investitionen aus China, Russland und Saudiarabien abschirmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2007)

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