AUA: Jetzt schlägt die Stunde der Patrioten

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Flugzeug AUA(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die „Österreich AG“: Garant für Rot-Weiß-Rot oder Hürde für den Verkauf? Bisher zeigen jene Geldgeber, die bei Privatisierungen immer als die „üblichen Verdächtigen“ gehandelt werden, dem Projekt AUA die kalte Schulter.

Die AUA wird also verkauft – und bleibt im Kern doch rot-weiß-rot: Politikerherz, was willst Du mehr mitten im Wahlkampf. Da will sich kein Kandidat vorwerfen lassen, nicht alles denkbar Mögliche für den Erhalt des nationalen Flagschiffs der Lüfte zu tun. Kein Wunder, dass die Noch-Regierungspartner SPÖ und ÖVP den von ihnen ausgehandelten Kompromiss, dass die AUA zu 100 Prozent privatisiert werden soll, eine Sperrminorität aber in österreichischer Hand bleiben soll, als großen Erfolg verkaufen. Angesichts des monatelangen Polit-Hickhacks, der schließlich zum Platzen der Koalition geführt hat, ist die rasche Einigung auf den Privatisierungsauftrag für die defizitäre AUA tatsächlich ein Erfolg.

Allerdings birgt die „Österreich AG“ – auch wenn sie aus privaten Investoren und nicht aus dem Staat bestehen sollte – mehr Nachteile als Vorteile für die AUA. In der Tat könnte die Sperrminorität – 25 Prozent plus eine Aktie – in österreichischer Hand für die Fluglinie in einem Punkt von Vorteil sein: Nämlich dann, wenn es darum geht, die Aufspaltung – und damit Zertrümmerung – der AUA oder eine Total-Fusion mit einer anderen Airline zu verhindern. Damit sind die vom Aktienrecht vorgegebenen Möglichkeiten für den Inhaber der Sperrminorität schon ausgereizt.

Dass mittels Sperrminorität Sanierungsschritte verhindert werden können, wird hingegen eine Illusion bleiben. Sparprogramme, die auch einen Personalabbau einschließen, können vielleicht verzögert werden – was für die AUA letztlich eher ein Schaden denn ein Nutzen wäre. Aber allein das Ansinnen solcher „Bremsmanöver“ dürfte potenzielle AUA-Käufer abschrecken.

Aber noch ist es nicht so weit. Denn die „Österreich AG“ aus privaten Investoren gibt es noch nicht. Und so wie es jetzt aussieht, muss auch noch ein Wunder geschehen, um den Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen. Denn bisher zeigen jene Geldgeber, die bei Privatisierungen immer als die „üblichen Verdächtigen“ gehandelt werden, dem Projekt AUA die kalte Schulter oder sie üben sich zumindest in vornehmer Zurückhaltung.

Die Bank Austria und die RZB, die mit der Vienna Insurance Group (VIG) jetzt 7,25 Prozent an der AUA halten, wollen ihre Anteile eher abstoßen denn aufstocken. Nur die VIG hat vorsichtig signalisiert, dass sie AUA-Aktien zukaufen werde. Ungewöhnlich zurückhaltend gibt sich der Chef der Raiffeisenlandesbank OÖ, Ludwig Scharinger, obwohl er ein großer Verfechter österreichischer Kernaktionäre ist und einem solchen Konsortium bei der Voestalpine angehört. „Wenn man an uns herantritt, werden wir das prüfen“, sagt Scharinger zur „Presse“.

Nicht einmal prüfen will der Industrielle Hannes Androsch, mit Scharinger etwa bei den Salinen und dem Flugzeugzulieferer FACC im Bunde, einen Einstieg bei der AUA. Ebenso dürften Investoren wie Martin Schlaff oder Ronny Pecik ihr Geld lieber in gewinnbringendere Projekte stecken. Ob Magna-Chef Siegfried Wolf (er zieht als Chef des ÖIAG-Privatisierungs-Ausschusses die Fäden beim AUA-Deal) Konzern-Eigner Frank Stronach zu einem Einstieg überreden kann, ist noch offen.

Österreichische Private-Equity-Fonds gibt es gar nicht. Ein Versäumnis, dass ÖVP-Abgeordneter Michael Ikrath anprangert. „Die SPÖ hat das Kapitalmarktstärkungsgesetz bis zuletzt blockiert“, sagt Ikrath, der sich als Vertreter des ÖVP-Wirtschaftsflügels für eine Totalprivatisierung der AUA stark macht.

Insider meinen daher, dass Raiffeisen letztlich doch eine maßgebliche Rolle in dem Österreich-Konsortium übernehmen könnte. Um die AUA und den Wirtschaftsstandort zu retten, würden Raiffeisen und Vienna Insurance Group auch alte Animositäten hintanstellen. „Jetzt schlägt die Stunde der Patrioten“, ätzt ein Beobachter.

Allerdings ist auch die „Österreich-AG“ noch kein Garant für die rot-weiß-rote Heckflosse. Denn keinem Investor der Welt kann man verbieten, seine Anteile bei gutem Wind wieder zu verkaufen. Dies sieht auch VIG-Chef Günter Geyer so. Eine Verpflichtung für „ein ewiges Halten“ der Anteile könne er sich nicht vorstellen.

Sollte allerdings die ÖIAG – sprich der Staat – die „österreichische Lösung“ repräsentieren (müssen), dürfte der Verkaufsprozess schon zu Ende sein, noch bevor er nach dem offiziellen Ministerratsbeschluss am Dienstag beginnt. Kein neuer Eigentümer – ob Lufthansa, Air France/KLM oder auch Air China – wird sich von der Politik seine Strategie vorschreiben lassen. Das gilt auch für die Bedingungen wie den Erhalt der Marke AUA und des Headquarters in Österreich bis zur Standortsicherung, die an den Privatisierungsauftrag geknüpft sind.

Auf einen Blick

Der Kompromiss von SPÖ und ÖVP, dass beim Verkauf der AUA die Sperrminorität in österreichischer Hand bleiben soll, birgt mehr Nachteile als Vorteile.

Mit der Sperrminorität kann zwar eine Zerschlagung der AUA verhindert werden, nicht aber ein schmerzhaftes Sanierungsprogramm.

Die „Österreich AG“ aus privaten Investoren dürfte zudem nicht so leicht zustande kommen. Potenzielle Financiers wie Raiffeisen sind in Warteposition, Hannes Androsch winkt ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2008)

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