Papierindustrie klagt – und floriert

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Der Verband warnt die Österreicher vor massiv steigenden Kosten für Ökostrom. Die Branche selbst macht gute Gewinne.

Wien. Alfred Heinzel hat eine Mission. Der Präsident der heimischen Papierindustrie will die Österreicher davon überzeugen, dass Holz zum Verbrennen zu kostbar ist. Schon seit Jahren machen die Hersteller von Papier, Karton und dem Vorprodukt Zellulose gegen „ineffiziente“ Biomassekraftwerke mobil, die ihren Rohstoff Holz verteuern und sie zu Importen zwingen. Nun weiten sie ihre Kampfzone aus: auf das Ökostromgesetz als Ganzes.

Am Dienstag zog die Branche ihre Bilanz für 2015 – und trommelte eine branchenfremde Botschaft: Die Förderung für Ökostrom laufe aus dem Ruder. Bis 2017 klettert das Volumen der Vergütungen nach Prognosen der E-Control auf 1,35 Mrd. Euro. Im Jahr 2011 waren es erst knapp 600 Mio. Natürlich wächst das Angebot an Strom aus Wind, Fotovoltaik und Biomasse. Aber würden die (fallenden) Marktpreise gelten, dürfte der Wert nur von 300 auf 400 Mio. Euro steigen. Der Rest sind explodierende Förderkosten, die den immer größeren Abstand zum garantierten Einspeisetarif ausgleichen müssen. Auch die Deutschen hätten bei ihrer Energiewende viel falsch gemacht, meint Heinzel, aber „die Notbremse gezogen“. In Brüssel habe man eingesehen, dass gezielte Förderung rentabler Investitionen mehr bringt als teure Einspeisetarife. Diese Vorgaben solle die heimische Politik umsetzen, statt neuen „Blödsinn zu machen“.

Holz billiger, Margen höher

Die persönliche Betroffenheit der Papierhersteller hat freilich abgenommen. Der Holzpreis sinkt seit zwei Jahren deutlich – wenn auch nicht auf das Niveau von vor der Zeit, „als die Holzverbrennung begann, den Markt eng zu machen“, wie es im Jahresbericht heißt. Auch die Energiekosten in Summe gehen zurück. Die Folge: Die Margen der Hersteller steigen, die Ergebnisse entwickeln sich „sehr positiv“, wie Heinzel zufrieden resümiert.

Die Entspannung an der Preisfront sei aber nicht von Dauer. In Pöls und Gratkorn wurde umgebaut, was die Zellstoffproduktion und damit die Holznachfrage drosselte. Die benötigten Mengen waren leichter als zuletzt im Inland aufzutreiben. So gingen die Importe von 34 auf 28 Prozent zurück – was heuer wieder drehen dürfte.

Aber die Firmen investierten – mit 210 Mio. Euro – wieder in einem Ausmaß, das ihre Anlagen auf dem Stand der Technik hält. Dieser Trend hält an. Zumal die Auslastung steigt. Denn die internationalen Konzerne verschieben laut Bericht Mengen nach Österreich, weil hier „die Stückkosten gerade relativ niedrig sind“. Während man in Skandinavien „riesige Kapazitäten“ stilllegen musste, kann sich Heinzel rühmen, dass „unsere Wettbewerbsfähigkeit gestiegen ist“. Das klingt ziemlich anders als die Klagen seiner Kollegen von Sappi und Mondi, die in den vergangenen Jahren immer wieder drohten, nicht mehr (oder nur noch das Nötigste) in Österreich zu investieren.

Aber sinkt nicht die Nachfrage nach Papier durch die Digitalisierung? Das tut sie in Österreich, wobei bei den Büchern die Talsohle wohl durchschritten ist. Der Verbrauch von Kartonverpackungen bleibt konstant, hier wirkt der boomende Onlinehandel belebend.

Aber das Inland hat nur 13 Prozent Anteil. Es geht also um Marktanteile im Ausland. Und bei den Exporten – primär nach Deutschland, Italien und Polen – konnte man in allen Bereichen zulegen, der Menge nach um knapp drei Prozent. Weil die Verkaufspreise unter Druck bleiben, reichte es im Umsatz nur für ein knappes Prozent plus. Aber das stört nicht, wenn unterm Strich genug übrig bleibt. Das Geschäft läuft also gut – auch wenn der „Krieg ums Holz“ nur eine Feuerpause eingelegt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2016)

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