Statistik: Neue Jobs gehen an Ausländer

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Die Auswirkungen der Arbeitsmarktöffnung für Rumänen und Bulgaren sind größer als ursprünglich angenommen. Die Zahl von osteuropäischen Jobmigranten ist 2015 wieder gestiegen.

Wien. Anfang 2014 öffnete auch Österreich den Arbeitsmarkt für Personen aus Rumänien und Bulgarien. Der damalige Sozialminister, der jetzige Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer (SPÖ), sagte damals, es würden „keine Riesenmengen“ kommen. Auch Studien versicherten, dass die Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt gering sein würden. Doch mittlerweile haben Teile der SPÖ ihre Ansicht geändert.

So verlangen Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm und Hans Niessl, Burgenlands Landeshauptmann, immer vehementer Einschränkungen für osteuropäische Arbeitskräfte. „Die Presse“ hat von der Statistik Austria aus der Mikrozensus-Erhebung eine Sonderauswertung über die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Das Positive vorweg: Von 2013 bis 2015 ist in Österreich die Zahl der Erwerbstätigen um 43.600 auf 4,148 Millionen gestiegen. Doch die Österreicher haben davon nicht profitiert.

Bei den inländischen Erwerbstätigen gab es einen Rückgang um 26.700 auf 3,591 Mio. Menschen. Dafür ist die Zahl der Personen aus Rumänien und Bulgarien, die in Österreich eine Beschäftigung gefunden haben, um 17.500 auf 50.200 gestiegen. Aus anderen osteuropäischen Ländern (wie Ungarn und der Slowakei) konnten 21.900 neue Arbeitskräfte in Österreich Fuß fassen. Auch die Zahl der Deutschen, die in Österreich einer Beschäftigung nachgehen, ist von 2013 bis 2015 um 10.700 auf 102.400 gestiegen.

Regionale Unterschiede

Nehmen die Ausländer den Österreichern den Job weg? „So einfach kann man das nicht sagen“, sagt Helmut Hofer, Arbeitsmarkt-Experte vom Institut für Höhere Studien, im „Presse“-Gespräch. Auf dem österreichischen Arbeitsmarkt gibt es laut Hofer ein regionales und ausbildungsrelevantes Ungleichgewicht. In Wien ist die Arbeitslosigkeit am höchsten, während in anderen Regionen im Tourismus Fachkräfte gesucht werden. So klagte etwa der Hotelier und Politiker Sepp Schellhorn (Neos), dass sich bei ihm für Jobs in der Gastronomie mehr Ungarn als Österreicher bewerben. Auch viele burgenländische Tourismusbetriebe betonen, dass sie offene Stellen nur mit Ungarn und Slowaken besetzen können. Die Gewerkschaft kontert, dass die Einkommen im Hotel- und Gastgewerbe niedrig und die Belastungen hoch seien. Daher dürfte man sich über den Arbeitskräfte- und Nachwuchsmangel nicht wundern.

In Österreich sind die Rumänen nach den Deutschen bereits zur zweitgrößten Einwanderergruppe aus der EU aufgestiegen. Die Arbeitsmigranten aus Rumänien und aus Bulgarien sind meist gut ausgebildet, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt. Die Einwanderer sind auch bereit, Jobs zu übernehmen, die unter ihren Qualifikationen liegen.

In Österreich arbeiten die Rumänen meist in der Sachgüterproduktion, im Tourismus, in der Leiharbeit, am Bau und in der Landwirtschaft als Erntehelfer. Es gibt sogar Tätigkeiten, die fast ausschließlich von Menschen aus Osteuropa ausgeführt werden. So ist im Vorjahr die Zahl der 24-Stunden-Betreuer, die sich um alte Menschen kümmern, um 5500 auf 56.095 gestiegen. Dabei wechseln einander zwei Frauen aus Osteuropa im Zweiwochenrhythmus ab und bekommen oft nur rund 630 Euro netto im Monat. Kaum ein Österreicher würde zu diesen Bedingungen arbeiten.

Osteuropäer verdienen weniger

Wie viel verdienen osteuropäische Arbeitskräfte in Österreich? Hier ist eine Auswertung schwieriger. Die zuletzt verfügbaren Zahlen von der Statistik Austria stammen aus dem Jahr 2013. Damals lag das durchschnittliche Jahresnettoeinkommen in Österreich bei 23.844 Euro. Doch die Migranten aus den Ländern, die seit 2004 der EU beigetreten sind (das sind meist osteuropäische Staaten), bekamen in Österreich durchschnittlich nur 18.613 Euro.

Wie können nun mehr Österreicher einen Job finden? „Hier sind eine aktive Arbeitsmarktpolitik und die Bildung entscheidend“, sagt IHS-Experte Hofer. Denn die meisten Arbeitslosen in Österreich haben nur einen Pflichtschulabschluss. Sie können sich gegenüber Menschen aus Osteuropa nur durchsetzen, wenn sie zumindest gleich gut ausgebildet sind. Auch gibt es nur wenige Jobs für Pflichtschulabsolventen.

AUF EINEN BLICK

Kaum Lehrlinge in Gastronomie Seite 15Die Statistik Austria hat für die „Presse“ eine Sonderauswertung über die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt durchgeführt. Demnach nahm im Vorjahr der Zuzug von osteuropäischen Arbeitskräften weiter zu. Größer sind die Veränderungen seit der Arbeitsmarktöffnung für Rumänen und Bulgaren Anfang 2014.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2016)

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