Der EuGH fällt am Dienstag eine richtungsweisende Entscheidung. Verstößt ein nationales Glücksspiel- und Wettmonopol, das sich auf das Internet erstreckt, gegen EU-Recht?
Wien. 13,5 Mrd. Euro haben die Österreicher 2008 für Glücksspiele ausgegeben, elf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Heuer und 2010 dürfte das Geld fürs Zocken wegen der Wirtschaftskrise weniger locker sitzen, heißt es in einer Studie des Marktforschers Kreutzer Fischer & Partner. Dementsprechend weniger dürfte in den Kassen der Glücksspielanbieter – allen voran Casinos Austria (Casag) und Lotterien – bleiben. Gewinner des Kampfs um die Glücksritter sind laut der Studie die Online-Anbieter, Verlierer sind klassische Spielbanken und das Automatenspiel.
Vor dem Hintergrund sinkender Bruttospielerträge (Einnahmen minus Ausspielungen) und des verschärften Konkurrenzkampfs wartet die Branche in ganz Europa auf das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Es betrifft ein Verfahren des heimischen Onlineglücksspielanbieters Bwin gegen die portugiesische Lotterie.
Es geht um die Frage: Verstößt ein nationales Glücksspiel- und Wettmonopol, das sich auf das Internet erstreckt, gegen EU-Recht, im Speziellen gegen die Dienstleistungsfreiheit? „Das Urteil ist für uns richtungsweisend“, sagt Friedrich Stickler, Vorstand der mehrheitlich den Casinos Austria gehörenden Österreichischen Lotterien, zur „Presse“. Nur die Casag haben die Lizenzen für zwölf Spielbanken und die Lotterie, sie verteidigen ihr Monopol vehement. Sportwetten sind hierzulande frei. Ebenso wichtig ist das Urteil für Bwin, das sich auf die Dienstleistungsfreiheit beruft und für eine reglementierte Öffnung des Marktes eintritt.
Monopol unter Beschuss
Generalanwalt Ives Bot hat schon mit seinem Schlussantrag im Oktober 2008 aufhorchen lassen: Er sieht Monopole im Bereich Glücksspiel unter gewissen Umständen als rechtmäßig an, etwa, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Spielerschutz gerechtfertigt sind. Wenn ein Staat mit Glücksspiel aber nur hohe Gewinne erzielen will, muss er den Markt für alternative Anbieter öffnen. Experten meinen, dass das Glücksspielmonopol in Europa nicht so schnell fallen dürfte.
Wenn sich der EuGH dem Generalanwalt anschließt – was er oft tut –, würde das die Position von Casag und Lotterien stärken. Bwin dürfte aber den Streit um die 75.000 Euro Bußgeld dank eines Verfahrensfehlers von Portugal gewinnen. Stein des Anstoßes war das Bwin-Sponsoring für die portugiesische Fußballliga. Portugal hat der nicht gewinnorientierten Santa Casa das alleinige Recht auf Lotterien und Wetten eingeräumt. Werbung darf nur für das Angebot der Santa Casa geschaltet werden. Dieses Monopol wurde auf elektronische Medien ausgedehnt. So verhängte Lissabon gegen Bwin und die Fußballliga Geldbußen von je 75.000 Euro. Beide Firmen fochten die Strafen an. Das portugiesische Gericht verwies den Fall an den EuGH.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2009)