"Regierung rücktrittsreif": Kritik an Salzburger Wohnbauförderung

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Ein Vorzeigeprojekt der Landesregierung offenbart sich als Baustelle - und wird zum "aufgelegten Elfmeter" für die Opposition.

Sie hätte ein Meisterstück der Salzburger Landesregierung aus ÖVP, Grünen und dem Ex-Stronach-Landesrat Hans Mayr werden sollen. Doch nicht einmal eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten offenbart sich die neue Wohnbauförderung als Baustelle, an der es gleich an mehreren Ecken und Enden kracht. Der zuständige Mayr geriet zuletzt mehr und mehr unter Druck, ein Misstrauensantrag gegen ihn steht im Raum.

In Kraft trat die neue Förderung mit 1. April 2015. Zentrale Änderung war die Umstellung von rückzahlbarer Unterstützung aus einem Wohnbaufonds auf Einmal-Zuschüsse als Geschenk des Landes an neue Wohnungs- oder Hausbesitzer. Die Einkommensobergrenzen waren hoch angesetzt und Obergrenzen bei Bau- und Grundstückskosten für Häuslbauer gab es überhaupt nicht. Das führte dazu, dass selbst die Errichter eines Einfamilienhauses mit Bau- und Grundstückskosten von über einer Million Euro noch 50.000 Euro geschenkt bekommen haben.

Die erste Erschütterung erfuhr das "Vorzeigeprojekt" Mitte Juli: Wegen des Geschenks von durchschnittlich 46.000 Euro pro Fördernehmer war der Ansturm so enorm, dass das für die Eigenheim-Förderung budgetierte Geld bei weitem nicht ausreichte. Anfangs war von einem Fehlbetrag von 16 Millionen Euro die Rede, später rechnete Mayr mit 27 und zuletzt sogar mit 30 Millionen Euro Mehrbedarf. Ende Juli zog die Regierung die Notbremse: Die Einmal-Zuschüsse wurden gekürzt und Obergrenzen eingezogen. Bemerkenswertes Detail: SPÖ-Wohnbausprecher Roland Meisl wollte am 22. Juni im Landtag von Mayr wissen, ob es stimme, dass bei der Eigentumsförderung die budgetären Ansätze nicht ausreichen. Der Wohnbau-Landesrat antwortete damals: "Das ist eine Legende."

Topf so gut wie leer

Baustelle 2 wurde gegen Ende August bekannt: Der mit 12,1 Millionen Euro dotierte Topf für die Förderung von Wohnraum-Sanierungen war gegen Ende August so gut wie leer. Es gab nur mehr Geld für 100 Wohnungen, danach werden Antragsteller auf Anfang 2017 verwiesen.

Und keine Woche später tauchte ein weiteres Problem auf. Denn Geldgeschenke sind - anders als Darlehen oder Kredite - Maastricht-relevant für das Landesbudget, womit Finanzreferent LHStv. Christian Stöckl (ÖVP) in die Bredouille kommt. Künftig werden daher die Errichter von Mietwohnungen die Förderung wieder zurückbezahlen müssen, die genauen Details sind noch nicht bekannt. Auch die Maastricht-Causa dürfte der Regierung schon länger bekannt gewesen sein: SPÖ-Klubvorsitzender Walter Steidl hatte bereits am 5. September 2014 auf dieses Problem aufmerksam gemacht und von einem drohenden 100-Millionen-Euro-Loch gesprochen.

Die Pannen der Wohnbauförderung waren naturgemäß ein "aufgelegter Elfmeter" für die Opposition, allen voran die SPÖ samt Gewerkschaft und Arbeiterkammer, die vor allem die Umstellung von Darlehen auf Geldgeschenke von Anfang an scharf kritisiert hatten. "Diese Regierung hat jeglichen Kredit verspielt und ist rücktrittsreif“, teilte etwa Gerald Forcher, Vorsitzender der Sozialdemokratischen GewekschafterInnen Salzburg (FSG) in einer Aussendung mit. 

Die SPÖ denkt seither laut über einen Misstrauensantrag gegen Mayr im Landtag nach, ob er tatsächlich erfolgt, stand am Donnerstag noch nicht fest. Aber auch die Medien halten mit Kritik nicht zurück: Die "Salzburger Nachrichten" (SN) sprachen am Mittwoch im Leitartikel von einer "Bruchlandung der Dreierkoalition", die sich "vom interessanten und für manche vielversprechenden Experiment zu einer normalen Regierung" entwickelt habe. Und im "Standard" wird die Causa Wohnbauförderung - ebenfalls am Mittwoch - als "Debakel für die Landesregierung" bezeichnet.

Misstrauensantrag?

Den möglichen Misstrauensantrag sieht Mayr gelassen: Er traue zwar der SPÖ zu, bei der Landtagssitzung am 5. Oktober einen solchen Antrag gegen ihn einzubringen, mache sich aber keine Sorgen, dass Abgeordnete der Regierungsparteien "von der Linie abweichen". Denn bei einer Abwahl Mayrs würde dieser ins Landesparlament wechseln. Da das ehemalige Team Stronach - eine Drei-Personen-Fraktion - aber inzwischen zerfallen ist, wäre die Koalitions-Mehrheit im Landtag künftig nur mehr mit der Stimme des früheren Tormannes Otto Konrad abgesichert.

Mayr hat am Donnerstag die Berichterstattung der Salzburger Medien über die Pannen bei der neuen Wohnbauförderung als "mediale Kampagne" bezeichnet. "Tatsache ist, dass die politischen Ziele erreicht wurden und die Förderung sehr attraktiv ist", sagte er am Nachmittag im Gespräch mit der APA.

Es stimme nicht, dass das Geld ausgegangen sei. Die Regierung habe sich folgende Ziele gesetzt: Im Bereich Eigentum werden pro Jahr 600 Wohnungen gefördert, im Bereich Mietwohnung sind es 900 und bei der Wohnraumsanierung 3.500. "Diese Ziele haben wir erreicht. Bei Eigentumswohnungen wurde das Ziel sogar klar überschritten. Aber wir werden das innerhalb des Ressorts durch Umschichtungen und ohne zusätzliches Geld finanzieren können", so der frühere Stronach-Mann. "Was ist schlecht daran, es gibt keine leeren Töpfe." Seien die definierten Ziele schon während des Jahres erreicht, werde das Förderfenster erst im kommenden Jänner wieder geöffnet, sagte Mayr.

Der einzige Fehler, der passiert sei, seien die fehlenden Obergrenzen gewesen. "Aber ich habe mir die Förderungen angeschaut: Es wurde genau ein Objekt mit über 400 Quadratmetern Wohnfläche gefördert, im Segment 300 bis 400 Quadratmeter waren es zwei. Aber wir haben diesen Fehler inzwischen korrigiert."

In Wahrheit ist für Mayr die Oppositionspartei SPÖ "dramatisch gescheitert", als diese noch für Wohnbau zuständig war. Mietwohnungen seien mit sehr billigen Mieten vom Landesrat übergeben, und danach seien die Mieten um sieben Prozent jedes Jahr erhöht worden. Und im Eigentumsbereich habe die SPÖ überhaupt versagt: Zuletzt seien gerade noch 22 Objekte gefördert worden.

(APA)

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