„Digitalisierung passiert einfach“

(c) Bloomberg (Krisztian Bocsi)
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Diskussion: Woran liegt es, dass Österreich nicht zu den Innovationsführern gehört?

Wien. Wie wird Österreich zum digitalen Wachstumsland? Zu diesem Thema lud der neue Accenture-Österreich-Chef Michael Zettel dieser Tage zum „Digi-Talk“. Und machte gleich seinem Ärger über das negative Image Luft, das Digitalisierung in vielen Medien hat: „Man liest immer nur vom Jobkiller und von Digitalisierungsopfern.“ Die Chancen, die dadurch für Unternehmen entstünden – auch für Klein- und Mittelbetriebe – würden kaum thematisiert.

Nun ist Zettel da nicht ganz unparteiisch, schließlich versteht sich sein Unternehmen als Dienstleister in Sachen Technologie. Eine Analyse, die Accenture durchführte, bestätigt jedoch den Nachholbedarf bei heimischen Unternehmen. Zum fünften Mal in Folge untersuchte Accenture die Entwicklung der Top-100, das Ergebnis: „Sie schrumpfen (weiter), und es fehlen die digitalen Strategien“, so der Consulter.

Während sich in Deutschland und der Schweiz die Topunternehmen auf Wachstumskurs befinden, sanken in den Jahren 2013 und 2014 die Umsätze der heimischen Top-100. Auch bei den Gewinnspannen schnitten die Schweizer und deutschen Konkurrenten besser ab. Was den Umgang mit Digitalisierung betraf, gibt es laut der Accenture-Studie große Unterschiede nach Branchen: Am stärksten digitalisiert ist demnach die Finanzwirtschaft, an zweiter Stelle stehen Logistik und Transportwesen, die Industrie zählt zu den Nachzüglern.

Gefahr der Überregulierung

Es habe sich aber auch gezeigt, dass die Wachstumssieger – jene österreichischen Unternehmen, die deutlich schneller und profitabler wachsen als der Durchschnitt der Top-100 – in Sachen Digitalisierung vieles besser machen als der Rest. So setzen sie diese auch dazu ein, ihr Angebot zu verbessern und neue Kunden zu gewinnen – nicht nur als Mittel zur Effizienzsteigerung. Große Unterschiede gebe es auch bei der Nutzung der Kundendaten.

Mit auf dem Podium stand Staatssekretär Harald Mahrer. Seine These: Digitalisierung und Automatisierung passieren einfach, „egal, ob wir es wollen oder nicht“. Auch er meinte jedoch, das bringe mehr Chancen als Risken. Das größte Problem ortet er „beim Mindset“.

Österreich sei nicht in der Gruppe der Innovationsführer, hielt Mahrer fest – diese finde man im Osten, etwa in Südkorea, Singapur oder der Wirtschaftsregion nördlich von Hongkong. „Dort gibt es kaum Regulative, und es gilt das Gesetz der großen Zahl.“ Hierzulande enge man sich durch die Überregulierung selbst ein – eine Gefahr, die aus seiner Sicht übrigens durch den Brexit verstärkt werden könnte: „Die Briten haben einen innovationsorientierten Drive“, sie seien in der EU wichtige Verbündete gegen wirtschaftspolitische Hemmnisse gewesen. „Das fällt jetzt weg.“

Ein weiterer Knackpunkt ist das Geld: „Wir haben zwar das beste System für Gründungen, bei der Wachstumsfinanzierung haben wir aber ein Thema“, sagte Mahrer. Im Wettbewerb um die besten Köpfe – speziell in der Grundlagenforschung – stehe Österreich dagegen sehr gut da. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2016)

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