Wie wissen nicht wohin – Hauptsache in eine andere Richtung

Die Anhänger von Donald Trump warten auf  seine Entscheidungen.
Die Anhänger von Donald Trump warten auf seine Entscheidungen.(c) REUTERS/KEVIN LAMARQUE
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Bei Trump-Anhängern regiert nach dem Wahlsieg weiter die Euphorie. Die
wenigsten haben aber eine konkrete Ahnung, wohin der neue Präsident die USA führt.

Vor drei Wochen gewann der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump das Rennen um das Weiße Haus. In den USA wird angesichts erster Personalentscheidungen und einzelner Abweichungen von seinen Wahlkampfversprechen darüber spekuliert, wohin Trump das Land führen wird. Seine Anhänger zeigen sich offen und geduldig - und rechnen mit Überraschungen.

Es mag ein Zufall sein, dass der Kalifornierin Mary Jeffries just wenige Tage nach dem Wahlsieg Trumps eine alte, verloren geglaubte goldene Brosche in Form eines Elefanten wieder in die Hand fiel. Seither trägt sie das Symbol der Republikanischen Partei wieder regelmäßig. "Endlich ist die Zeit der langen Depression nach acht Jahren unter einem demokratischen Präsidenten vorbei. Wir haben Amerika zurückerobert, ich bin so glücklich", sagt die Immobilienmaklerin aus Dana Point. "Ich wünschte, es wäre schon der 21. Jänner", lacht die Republikanerin, Trump-Fan der ersten Stunde. Dann ist Trump nämlich angelobt.

Es bereite ihr nun endlich wieder Freude, Polit-Nachrichten zu verfolgen. Und das macht sie in großer Ausführlichkeit - so gut es geht, denn nicht nur in den von ihr gemiedenen US-Mainstream-Medien, sondern auch auf von ihr regelmäßig frequentierten konservativen Nachrichtenseiten ist weniger harte Analyse als das große Rätselraten ausgebrochen.

"Er hat gesagt, dass er es tun wird"

Wird Trump tatsächlich eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen? "Nun, er hat gesagt, dass er es tun wird", sagt Jeffries, "zumindest einen Teil." Wird er den "Sumpf" in Washington trockenlegen? "Nun, er hatte das gesagt, aber er braucht auch Leute, die Erfahrung haben und die gut sind", antwortet sie. Und bevor die nächste Wahlkampfansage abgefragt wird, die Trump seit der Wahl modifiziert hat, stellt die Republikanerin klar: "Donald Trump ist ein Geschäftsmann, ein Verhandler mit guten Instinkten und jemand, der Sachen aufbaut. Er kann das Gesamtwerk sehen", sagt die 63-Jährige. Nachjustierungen seien nur logisch. "Und auch wenn manche nun aus dem Establishment sind, müssen sie seine Werte teilen."

Auch wenn bei vielen Republikanern seit der überraschenden Wahlnacht eine gewisse "Und wer lacht jetzt?"-Stimmung zu spüren ist, sobald sie unter sich sind. Nur wenige tun die Freude über Trumps Sieg öffentlich kund. In manchen Lokalzeitungen in den USA outeten sich Bürger nach dem Urnengang als Trump-Wähler - und gestanden ein, dass sie vorher nicht einmal ihren Partnern erzählt hatten, dass sie für den Republikaner stimmen werden.

Auch Jeremy Myers aus Costa Mesa hält trotz seiner Freude den Ball flach. "Ich gebe heute nicht öfter zu, Republikaner zu sein, als vor der Wahl", sagt der Biologe. Die Stimmung zwischen Demokraten und Republikanern sei einfach zu feindselig. Aber auch er freue sich täglich, dass im Jänner ein Kandidat der Grand Old Party ins Weiße Haus einziehen wird. "Am Tag nach der Wahl dachte ich nach dem Aufwachen erst kurz, ich habe geträumt", lacht er. Myers war kein Trump-Fan der ersten Stunde, hat sich aber im Laufe des Wahlkampfes mit dem Kandidaten angefreundet.

"Wer weiß schon, was er wirklich vorhat"

Dass er heute angesichts der in vielen Belangen unbekannten oder wechselnden Positionen von Donald Trump eine Abwartehaltung einnehmen muss, stört den Mittfünfziger nicht groß. "Ich glaube Trump ist sehr ernsthaft und aufrichtig. Er ist sich mittlerweile auch dessen bewusst, dass es etwas anderes ist, Präsident der USA zu sein als CEO einer großen Firma", sagt Myers. Er habe gewisse Vorstellungen, wohin Trump die USA führt. Myers erwartet etwa, dass Trump das Land bei einem Angriff verteidigen wird, aber die USA nicht in einen neuen Krieg führt; oder dass er von den NATO-Ländern ein Umdenken und eine gerechtere Finanzierung fordern wird. "Aber wer weiß schon, was er wirklich vorhat. Jeder von uns rechnet mit der einen oder anderen Überraschung."

Von den "Never-Trumps", jenen Republikanern also, die sich im Wahlkampf gegen Donald Trump ausgesprochen hatten, sind indes viele trotz des Wahlsiegs der eigenen Partei unglücklich und hegen Zweifel. Der libertäre Republikaner Mike Glynns aus Huntington Beach etwa zweifelt daran, dass Trump ein wirkliches Interesse hat, dem Land als Präsident zu dienen - er habe nur gewinnen wollen. "Als Trump Mike Pence fragte, ob er der mächtigste Vizepräsident der USA sein möchte, sprach das doch Bände", sagt der Technologieberater. Aber auch die Aussicht, dass Pence das US-Staatsruder lenken werde, beruhigt Glynns nicht. "Pence glaubt, dass wir die Schwulen wegbeten können. Nicht einmal mehr in den Südstaaten glauben sie so etwas. So eine Person wirft uns Jahrzehnte zurück."

Glynns glaubt auch nicht, dass sich die Trump-Fans in großer Zahl aufregen werden, sollte der künftige Präsident seine Wahlversprechen nicht halten. "Wenn sich herausstellt, dass er ein Desaster ist, dann werden sie den Mund halten und sich verkriechen, um nicht einzugestehen, dass sie für den Mist verantwortlich sind."

(APA/Veronika Eschbacher)

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