Neuvermessung des Sporthandels: Die Stunde der Kleinen

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Nach der Eybl-Übernahme hat sich der Staub gelegt. Vor allem die kleinen Fachhändler füllten das Vakuum. Nun steht neue Konkurrenz vor der Tür.

Wien. Als der britische Diskonter Sports Direct 2013 in den österreichischen Sporthandel einstieg, hoffte er, hierzulande etwas in Bewegung zu setzen. Das Ziel wurde erreicht – wenn auch nicht im Sinne der Briten.

In den vergangenen zwei Jahren wurde ein gutes Stück des 1,7 Milliarden Euro schweren Umsatzkuchens im Sportfachhandel neu verteilt. Sports Direct fungierte ungewollt als Katalysator für eine ganze Branche. Als die britische Kette den oberösterreichischen Sport-Eybl-/Sports-Experts-Läden ihr international gängiges Geschäftsmodell überstülpte, wandte sich deren Stammkundschaft in Scharen ab. Wo sie zuvor Fachwissen und Markenartikel fand, wehte jetzt der Wind des Diskonts. Der Umsatz sackte von 307 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2012/13 um ein gutes Drittel auf 189 Mio. Euro 2014/15 ab. Das Viertel des Markts, das der ehemalige Platzhirsch Eybl/Experts vor allem in den Städten erfolgreich verteidigt hatte, wollte neu verteilt werden.

Die Konkurrenz schläft nicht

Sport 2000 und Intersport, zuvor die ewigen Zweiten, ließen sich nicht lang bitten. Sie wussten aus Markterhebungen: Der Österreicher ist ein marken- und beratungsaffiner Sportkunde, der sich seine Ausrüstung pro Jahr 302 Euro kosten lässt. Die deutschen Nachbarn geben laut dem österreichischen Verband der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster hingegen nur 89 Euro pro Jahr aus.

Also fuhren sie ihre Ausbildungsprogramme hoch, expandierten auf der Fläche und konnten binnen zwei Jahren jeweils rund zehn Prozent Umsatzplus einstreichen. „Die Eybl-Übernahme hat die Prozesse beschleunigt“, sagt Holger Schwarting, der Geschäftsführer der oberösterreichischen Einkaufsgenossenschaft Sport 2000. Damit spricht er eine nicht ausschließlich positive Entwicklung für die Großen an: Seit 2011 konnten unabhängige Fachhändler entgegen dem internationalen Trend ihren Marktanteil von acht auf 13 Prozent steigern. Die Großen büßten hingegen ein und sanken von 35 auf 27 Prozent ab.

Die spezialisierten Sportläden füllten – teils sogar von ehemaligen Eybl-Mitarbeitern geführt – vor allem im städtischen Bereich das plötzliche Vakuum. Alfred Eichblatt, dessen Hervis-Kette zwar wie Sports Direct die Preisführerschaft im Land für sich beansprucht, aber den Begriff Diskonter ablehnt, gibt sich gelassen: „Ich sehe gar keine Bedrohung durch den Fachhandel. Wir haben eine Freude mit jedem Lauf- und Rennradshop, der aufsperrt.“ Diese Art von kompetenter Konkurrenz belebe die Nachfrage in seinen knapp 90 österreichischen Filialen, betont Eichblatt.

Schwarting sieht den Trend eher als Weckruf für seine Einkaufsgenossenschaft und ihre klein strukturierten Mitglieder: „Gegenüber den Kunden muss eine stärkere Profilierung entstehen. Das zeigen uns die kleinen Händler.“ In Zukunft will Sport 2000 seinen 230 Händlern helfen, sich auf ein bis zwei Sortimente zu spezialisieren. Und man will die Neuen für den Verband erwärmen.

Norwegisch frischer Wind

Einen anderen Konkurrenten, der zurzeit seinen Markteintritt vorbereitet, wird sich Sport 2000 nicht so schnell einverleiben können. Die norwegische Kette XXL – auch sie eine, die sich durch starkes Service und hohe Markenanteile auszeichnet – hat bereits Mietverträge für zwei Standorte in Wien unterschrieben. Bis zu 20 Geschäfte sollen 2017 in den Ballungszentren eröffnen. Und noch ein weiterer Neuzugang steht den Sportfachhändlern bevor: Der französische Diskonter Decathlon soll ebenfalls auf Herbergssuche sein.

„Es ist immer ein Kommen und Gehen. Neue Mitbewerber haben uns noch nie Angst gemacht“, gibt sich Eichblatt auch hier gelassen. Zurzeit bestehe laut Michael Nendwich, dem Vertreter des Sportartikelhandels in der WKO, für die existierenden Anbieter kein Grund für Panik. Bestimmte Regionen wie Wien böten noch Raum für kleine Fachgeschäfte wie auch große Ketten. „Der Markt ist groß genug, dass es keine Verdrängung geben wird.“

Anders sieht das Schwarting. Der Kuchen sei vollends umverteilt. „XXL wird den Bestehenden etwas wegnehmen müssen“, ist er sicher. In diesem Fall sei er froh, dass seine Händler großteils in den westlichen Skigebieten daheim seien. „Decathlon, XXL – sie alle gehen dorthin, wo Sport 2000 nicht primär ist: in die Großstädte.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2016)

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