Enteignungen von Grundstücken in der Slowakei vereinfacht

FOLTIN Jindrich / WB
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Eine Umfahrung soll zusammen mit einer neuen Autobahn bis 2020 die katastrophale Verkehrslage rund um die slowakische Hauptstadt beenden. Zehn Grundbesitzer legten sich quer. Die Regierung reagierte mit einer Gesetzesänderung.

Die Slowakei hat die Regelung für Enteignungen von Grund und Boden gelockert. Künftig ist es dem Staat möglich, um eine Baugenehmigung anzusuchen und in nationalem Interesse auch bestimmte Bauarbeiten auf fremden Grundstücken einzuleiten, noch bevor der eigentliche Enteignungsprozess vor Gericht abgeschlossen ist, wie die Tageszeitung "Pravda" am Mittwoch berichtete.

Eine entsprechende Gesetzesnovelle war am Dienstagnachmittag auf Initiative des Verkehrsministeriums im Eiltempo vom Parlament in Bratislava angenommen rden. Grund der Änderung ohne breitere politische Debatte sind Prowobleme bei dem für den bevorstehenden Bau der neuen Autobahnumfahrung von Bratislava (D4) notwendigen Aufkauf von Liegenschaften.

Die Umfahrung soll zusammen mit einer neuen Autobahn in Richtung Süden spätestens bis 2020 die katastrophale Verkehrslage und extreme Staus rund um die slowakische Hauptstadt beenden. Den Zuschlag für den Bau sowie den anschließenden Betrieb und die Wartung der rund 60 Autobahnkilometer hatte 2016 ein internationales Konsortium um die spanische Baufirma Cintra erhalten. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Dem Staat fehlen aber bis dato rund 0,5 Prozent der Grundstücke, die er bereitstellen soll.

Dreifachen Kaufpreis gefordert

Ein Teil der Eigentümer gefährde mit unverhältnismäßigen Forderungen das ganze Projekt, begründete das Verkehrsministerium das Vorgehen im Parlament. Während gut 11.000 Kaufverträge erfolgreich abgeschlossen seien, stellten sich rund zehn Eigentümer quer. Sie forderten das Dreifache des in einem Gutachten angegebenen Kaufpreises von 40 Euro pro Quadratmeter.

Die Opposition kritisierte, die Blitz-Änderung stehe eindeutig im Widerspruch zur slowakischen Verfassung. Verkehrsminister Arpad Ersek hatte die "Lösung des Problems" mit der Akquisition der Grundstücken nur eine Woche vor der Annahme im Parlament vorgestellt. Die Gesetzesnovelle soll innerhalb nur weniger Tage in Kraft treten. Für die Zukunft sei gemäß der Regeländerung auch nicht ausgeschlossen, dass "vorläufige Bauarbeiten" sogar bei Autobahnprojekten in Nationalparks eingeleitet werden dürfen, womit die Natur unwiderruflich geschädigt werden könnte, so die Kritiker.

Die neue Enteignungsregelung könnte jetzt nur noch Staatspräsident Andrej Kiska stoppen, indem er seine Unterschrift darunter verweigert.

(APA)

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