Deutsche Wirtschaft reagiert schockiert auf US-Steuerpläne

US-Präsident Donald Trump entlastet die Wirtschaft seines Landes und bringt damit deutsche Firmen unter Druck
US-Präsident Donald Trump entlastet die Wirtschaft seines Landes und bringt damit deutsche Firmen unter Druck AFP (SAUL LOEB)
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Der sich abzeichnende Erfolg von US-Präsident Donald Trump mit seinen Steuersenkungsplänen dürfte auch auf die Gespräche über eine Regierungsbildung in Deutschland durchschlagen.

Wenn die US-Konzerne künftig bei der Körperschaftsteuer nur noch mit 20 oder 22 Prozent statt bislang mit 35 Prozent vom Staat zur Kasse gebeten werden, dann bedeutet das für deutsche Firmen vor allem eines: Die US-Konkurrenz wird entlastet und wettbewerbsfähiger. Daher folgert DIHK-Präsident Eric Schweitzer sogleich: "Die nächste Bundesregierung wird darauf reagieren müssen und eine Senkung der hierzulande jetzt relativ hohen Steuerlast von etwa 30 Prozent angehen müssen."

Ähnlich sehen es Schweitzers Kollegen. "Die Pläne werden (...) den Wettbewerb intensivieren", warnte der Präsident des Handelsverbandes BGA Holger Bingmann. Wie der Industrieverband BDI fordert auch er von deutschen Politikern Unterstützung durch Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit, nicht nur bei Steuern. Was die deutschen Wirtschaftsführer zudem verunsichert, sind die US-Vorschläge zu einer Importbesteuerung. Für Schweitzer ist so etwas ein Verstoß gegen internationale Regeln. Von der jetzigen geschäftsführenden Bundesregierung kann die Wirtschaft aber keine Hilfestellung erwarten. Das Bundesfinanzministerium sieht Fragen zu den US-Plänen als eine Sache, die die nächste ordentliche Bundesregierung zu beantworten hat.

Mehr Wachstum im nächsten Jahr

Kurzfristig, darin sind sich viele Experten einig, könnten die US-Pläne immerhin ein kleines Wachstums-Feuerwerk entzünden. Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, jedenfalls setzte seine Wachstumsprognosen herauf, nachdem der US-Senat den Steuer-Vorschlägen des Repräsentantenhauses im Sinne Trumps gefolgt war. Mit einem US-Wachstum von 2,9 Prozent rechnet er nun für 2018 nach bisher nur 2,5 Prozent. Und auch das deutsche Wachstumstempo dürfte profitieren. Schmieding erwartet ein Plus von 2,4 Prozent statt bisher 2,3 Prozent. Ifo-Chef Clemens Fuest merkte an: "Für Europa bedeutet diese Reform, dass die Exporte in die USA weiter ansteigen."

In der Langzeitwirkung aber betrachten viele Ökonomen die Reform kritisch. Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner sieht allerdings auch längerfristig bessere Bedingungen für die US-Firmen: zum Beispiel durch bessere Abschreibungsbedingungen und Deregulierungen. Doch viele seiner Kollegen wie Wirtschaftsvertreter verweisen auf Faktoren, die in der weltweiten Finanz- und Wirtschaftspolitik für Unfrieden sorgen dürften.

So wächst für Europa der Druck, den US-Steuersatzsenkungen zu folgen, damit seine Firmen nicht zurückfallen. Das aber könnte einen globalen Wettlauf um die niedrigsten Sätze auslösen, in dem am Ende jeder verliert, wie Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kollegen von ihm schon vor Monaten warnten. Die Reaktionen der großen Wirtschaftsverbände, wie dem DIHK oder dem Industrieverband BDI, weisen in diese Richtung.

Die US-Reform dürften zudem Investitionen und Konsum in den USA erhöhen. Das allerdings ist ein zweischneidiges Schwert. Zwar werden davon auch deutsche Exporteure profitieren. Doch das insgesamt von Trump als Mega-Problem gewertete riesige Defizit der USA im Handel mit Ländern wie Deutschland und China könnte dann noch wachsen. "Eine solche Steuerreform, wie sie jetzt diskutiert wird, würde nach meiner Auffassung eher die Leistungsbilanzdefizite der USA erhöhen", analysiert Klaus-Jürgen Gern vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Nicht nur er erwartet, dass Trump darauf reagieren wird. "Er könnte dann von anderer Seite, nämlich der des Protektionismus, die Sache angehen", meint der Wissenschaftler. Der deutsche Industrieverband BDI sieht ohnehin in den US-Plänen einen "klar protektionistischen Charakter".

Eine weitere Schwachstelle ist die Tatsache, dass die Einnahmeausfälle durch die geplanten US-Steuersenkungen die Schulden des Landes binnen zehn Jahren um weitere 1,4 Billionen Dollar steigern werden - bei einem Schuldenstand von schon jetzt über 20 Billionen Dollar oder knapp 130 Prozent der jährlichen US-Wirtschaftsleistung. Für die Weltgemeinschaft ist das eine schlechte Nachricht. IfW-Experte Gern sieht ohnehin schon einen abflaufenden Konsolidierungseifer in der Welt. "Die US-Steuerreform mit der darin angelegten Schuldenerhöhung könnte diesen Trend noch verstärken", warnt er nun.

(Reuters)

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