„Don't drink and Uber“, warnen Wiens Taxler vor Silvester. Die Attacke der Konkurrenz ist aber nur ein Problem des Fahrtenvermittlers.
Wien. Konkurrenz belebt das Geschäft. Aktuell ist das anschaulich in der Taxibranche zu beobachten. Nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“ bedankten sich Wiens 4500 Taxilenker vor Weihnachten mit 5000 Mannerschnitten bei den Passanten für die „gehaltene Treue“, um eine Woche später mit dem Appell „Don't drink and Uber“ gegen die digitale Konkurrenz zu schießen. Die Warnung der Innung: Nehmen Sie zu Silvester nicht den Fahrdienstvermittler in Anspruch. Sonst könnte es sein, dass Sie mit einer 150-Euro-Rechnung im neuen Jahr ankommen. Solche Fälle habe es schon gegeben, sagt Obmann Gökhan Keskin.
Dass der Preis bei der App mit der Nachfrage steige, sei nicht neu, heißt es von Uber. Der Gast müsse dem vor der Fahrt immer zustimmen. Dass die Hauptstadttaxler das als Argument in der beförderungsstärksten Nacht des Jahres entdecken, zeugt aber von neu gefundener Kreativität. Bisher hatten sie Dumpinglöhne, Wettbewerbsverzerrung und Umgehungen der Rückkehrpflicht für Mietwägen an Medien und Gerichte getragen. Warum nicht auf die eigene verlässliche Tarifbindung hinweisen?
Das und die Mannerschnitten-Offensive dürften dem kalifornischen Riesen weniger schwer im Magen liegen als Urteile, die sein Geschäftsmodell in vielen Ländern zusehends in die Schranken weisen. Vor Weihnachten urteilte der EuGH, dass Uber keine App, sondern ein Verkehrsdienstleister ist, der keine Privaten ans Steuer lassen darf. Das kann dem Konzern in den meisten europäischen Ländern egal sein. In Österreich greift er auf Mietwagenfirmen und abtrünnige Taxilenker zurück – alle mit Fahrerlizenzen, wie Uber betont.
Ein Taxi für alle?
Die Wirtschaftskammer will die Konkurrenz im neuen Jahr aber genau hier – bei ihrer Einstufung als Mietwagenfirma – erwischen. Keskin schwebt ein bundesweites Einheitsgewerbe vor, in dem sich alle an Tarife und Qualitätsstandards der Taxifahrer halten müssen. Der Vorschlag der Wiener liegt im Verkehrsministerium. Keskin hofft, dass die Novelle im März oder April im Parlament beschlossen wird.
Sarah Lamboj leitet die deutsche App MyTaxi in Österreich. Diese wird von der Kammer als positives Gegenbeispiel zu Uber zitiert, da man nur mit Taxifahrern zu deren Tarif kooperiert. Lamboj hält ein Einheitsgewerbe für möglich. Das Recht müsse dem Markt angepasst werden. Ob starre Tarife kommen, sei offen. Am Ende zählt der Service, sind sich beide einig. Für MyTaxi heißt das: dieselbe Transparenz wie Uber bieten, indem die Fahrt per App nachverfolgt werden kann. Für die Taxiinnung: „Das Taxigewerbe muss qualitativ noch besser werden.“ (loan)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2017)