FMA warnt vor laxer Kreditvergabe

Die FMA-Vorstände Klaus Kumpfmüller (li.) und Helmut Ettl.
Die FMA-Vorstände Klaus Kumpfmüller (li.) und Helmut Ettl.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Banken vergeben zunehmend Kredite mit weniger Eigenkapital und längeren Laufzeiten, so die Finanzmarktaufsicht. Das könnte in einem Abschwung zum Problem werden.

Wien. Banken vergeben zu wenig Kredite, das billige Geld kommt nicht in der Wirtschaft und bei den Konsumenten an, war in den vergangenen Jahren oft zu hören. Jetzt ist es die entgegengesetzte Entwicklung, die die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) stutzig macht. Vor allem die zunehmend leichtfertige Vergabe von Krediten für Wohnimmobilien beunruhigt die Aufseher. Einige Banken hätten die Standards bei der Kreditvergabe deutlich aufgeweicht, sagte FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller am gestrigen Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Zum einen würde das erforderliche Eigenkapital heruntergeschraubt. Und zum anderen die Laufzeit verlängert. Indem etwa jemand, der sich die Rate für einen 20 Jahre laufenden Kredit nicht leisten kann, einen Kredit mit einer Laufzeit von 35 Jahren bekommt. Derzeit würden die Banken einzeln geprüft. „Wir schauen uns an, ob das vertretbar ist“, so der zweite der FMA-Vorstände, Helmut Ettl. „Wir drängen auf Konservativität“, so Kumpfmüller.

„Einen kühlen Kopf bewahren“

Die Einschätzung der FMA deckt sich mit jener der Europäischen Zentralbank (EZB), die ebenfalls einen Trend zu einer lascheren Kreditvergabe ausmacht. Die Banken in der Eurozone hätten die Konditionen, zu denen sie Kredite an private Haushalte zum Immobilienerwerb vergeben, im Vorjahr weiter gelockert, geht aus einer am gestrigen Dienstag präsentierten Umfrage unter Banken hervor. Die Standards für Firmenkredite seien etwa gleich geblieben. Heuer dürften die Kriterien weiter aufgeweicht werden – für Unternehmen, Verbraucherdarlehen und Immobilienhypotheken, so die EZB.

Die Kredite für Wohnimmobilien sind es auch, die die FMA im Visier hat. Die laxeren Kreditvergabestandards in Verbindung mit einem mittlerweile hohen Preisniveau bei Wohnimmobilien könnten in der Zukunft zu einem Risiko für die Finanzmarktstabilität führen. „Im Aufschwung werden wir keine großen Ausfälle sehen“, so Ettl. Aber in einem Abschwung würden die Probleme schlagend werden. „Es ist nicht die Zeit, in der man die Party wieder beginnt“, so Ettl. Im Aufschwung müsse man einen kühlen Kopf bewahren.

60 Prozent variabel verzinst

Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Banken und Versicherungen in der Wirtschaftskammer, kann die Kritik der Aufseher nur bedingt nachvollziehen. Er verweist auf das etwas sperrig klingende „Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz“, das im März 2016 in Kraft getreten ist. Demnach dürfen Banken einen Kredit nur dann vergeben, wenn der Kunde diesen zurückzahlen kann, ohne dass die Bank auf die Immobilie zugreifen muss, mit welcher der Kredit besichert ist. Man sei nicht glücklich mit dem Gesetz, weil es zu Zurückhaltung bei der Kreditvergabe geführt habe. Zur Kritik der FMA: „In Einzelfällen mag das so sein, aber pauschal habe ich keinen Anlass, eine große Gefahr zu sehen“, so Rudorfer.

Neben den Vergabekritieren sehen die FMA-Vorstände auch den hohen Anteil an variabel verzinsten Krediten in Österreich kritisch. Es gebe zwar ein Umdenken, auch durch Intervention der FMA, und bei neuen Krediten eine Tendenz zu fixen Zinsen. Zuletzt waren aber immer noch über 60 Prozent der Kredite in Österreich variabel verzinst, so die Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). In der Eurozone sind es durchschnittlich rund 20 Prozent.

Profitieren vom Nullzins

Mit variablen Zinsen profitieren Kreditnehmer zwar aktuell von den niedrigen Leitzinsen (null Prozent). Sobald die EZB den Zinssatz erhöht, werden die Darlehen aber teurer. „Wir wollen nicht eine Situation erleben wie bei den Fremdwährungskrediten“, sagt FMA-Chef Kumpfmüller. Fremdwährungskredite, vor allem in Schweizer Franken, waren in Österreich lange Zeit extrem beliebt. Bis der Franken zum Euro stark angestiegen ist und sich die Rückzahlung entsprechend verteuerte.

Auf einen Blick

Die Finanzmarktaufsicht prüft derzeit, ob einzelne Banken zu leichtfertig Kredite vergeben. Auch den hohen Anteil an variabel verzinsten Krediten in Österreich (laut Oesterreichischer Nationalbank mehr als 60 Prozent) sehen die FMA-Chefs kritisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2018)

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